Zu den Anfängen der sozialistischen Frauenbewegung: Flora Tristan 1803 – 1844

KOMintern – Kommunistische Gewerkschaftsinitiative International:

Die Einsicht in die unauflösliche Verschränkung der Klassen- und Geschlechterfrage und deren notwendiger politischer Verbindung ist untrennbar mit Pionierin der frühsozialistischen Frauenbewegung, Flora Tristan (1803 – 1844) verbunden – die wir zum bevorstehenden 8. März sonach auch namentlich in Erinnerung rufen möchten.   Die große Clara Zetkin widmete Flora Tristan demgemäß auch ein Kapitel in ihrem Buch „Zur Geschichte der proletarischen Frauenbewegung“ (1928). Tristan war, vielfach in Vergessenheit geraten, auch längere Zeit in Peru und drückte in ihrem Werk „Fahrten einer Paria“ von 1837 den indigenen Frauen in Peru ihre tiefe Bewunderung aus. Ihre sozialkritische Reportage „Spaziergänge durch London“ von 1940 wiederum, wird nicht selten mit Engels sieben Jahre später erschienenen „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“ verglichen. In ihrer engeren politischen Aktivität lernt sich auch Arnold Ruge kennen, der 1843 in Paris gemeinsam mit Marx die „Deutsch-Französischen Jahrbücher“ herausgab. Der Faden zu Marx und Engels spannt sich aber weiter. Im selben Jahr plädierte sie in ihrer Schrift „Arbeiterunion“ für die Gründung einer eigenständigen Organisation aller Arbeiter und Arbeiterinnen sämtlicher Nationen, einer Arbeiterinternationale. Bereits fünf Jahre vor dem „Kommunistischen Manifest“ erklärte Tristan, dass sich die Arbeiter und Arbeiterinnen nur selbst befreien können, und formulierte: „Die Befreiung der Arbeiter wird das Werk der Arbeiter sein“, „Proletarier, vereinigt euch!“ Parallel fordert sie nachdrücklich die Befreiung der Frau. Denn die Frauen haben in den bisherigen Gesellschaften „nichts gegolten“. „Der am meisten unterdrückte Mann kann immer noch ein anderes Wesen unterdrücken – seine Frau. Die Frau ist die Proletarierin ihres eigenen Proletariats.“ Arnold Ruge berichtet in diesem Zusammenhang bewundernd über Tristan: „Sie geht selbst in die Werkstätten und Wirtshäuser der Arbeiter und, was den Männern nicht gelingt, sie weiß sich das Zutrauen dieser ungeleckten Bären zu erwecken“ – und riet Marx zur Lektüre von Flora Tristans Schriften, insbesondere der „Arbeiterunion“. Entgegen der angespielten Vermutung von Mario Vargas Llosa, dürften sich die bereits 1844 verstorbene Tristan und Karl Marx jedoch nie persönlich kennengelernt haben. Jedenfalls, so Clara Zetkin: „Sie ist die erste Verfechterin der Frauenrechte, die sich eingehend mit den Löhnen, mit der Lage der Arbeiterinnen beschäftigt und die Rolle der proletarischen Hausfrau nach ihrer sozialen Bedeutung für die Arbeit einschätzt.“ Bereits unter entwickelteren sozial-ökonomischen Verhältnissen als ihre Vorgängerinnen, inmitten der Industrialisierung Frankreichs wirkend, gelangte Tristan nicht nur zu tieferen Einsichten in die unauflösliche Verschränkung der Klassen- und Geschlechterfrage, sondern maß auch der Forderung des organisierten Kampfes für die Gleichberechtigung der Geschlechter ein neues Gewicht bei. Die Traditionslinie Claire Lacombe und ihre Mitstreiterin Pauline Léon, sowie auch Théophile Leclerc – mit denen sich (noch über Olympe de Gouges hinaus) bereits in der Französische Revolution von 1789 nicht nur historisch breiter aufkeimend der Gedanke der Gleichberechtigung der Geschlechter Bahn brach, sondern die als Protagonistinnen der Bewegung der Frauen die Revolution sowohl aktiv mitgetragen, sowie in Gestalt der weiblichen Sansculottinnen die Forderung der organisierten Bewaffnung der Frauen zu einem ihrer wesentlichsten Anliegen erhoben haben –, zu Flora Tristan, hat dann auch ein stärker auf die patriarchal geprägten Klassenverhältnisse denn eine vereinfachte sozial indifferente Mann-Frau-Dichotomie abhebendes neues Kapitel in der Geschichte des Frauenbefreiungskampfes eröffnet. Und entsprechend haben sowohl Flora Tristan wie Karl Marx auch ihrerseits je explizit den Satz Charles Fouriers aufgegriffen: „Die Veränderung einer geschichtlichen Epoche lässt sich immer aus dem Verhältnis des Fortschritts der Frauen zur Freiheit bestimmen … Der Grad der weiblichen Emanzipation ist das natürliche Maß der allgemeinen Emanzipation.“

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