Keralas Kommunisten kämpfen gegen Monsun

Im Südwesten Indiens wurden 78 Landarbeiter einer Teeplantage bei einem durch den massiven Monsunregen verursachten Erdrutsch verschüttet. Die kommunistische Regionalregierung rief den Notstand aus.

Im Bundestaat Kerala, ganz im Südwesten Indiens gelegen, kam es infolge heftiger Regenfälle, wie sie zur Monsunzeit von Juni bis September typisch sind, zu Überschwemmungen und Erdrutschen. Im Bezirk Idukki geriet der Hang einer Teeplantage ins Rutschen und begrub eine Landarbeitersiedlung unter Schlammmassen. 43 Bewohner konnten nur noch tot geborgen werden, während bislang zwölf Überlebende gerettet wurden. Eine Besserung der Gesamtsituation ist gegenwärtig nicht in Sicht, im Gegenteil: Der anhaltende Regen lässt die Wasserpegel der Flüsse ansteigen, an vielen Orten drohen Dammbrüche. Die Regierung von Kerala, die von der Kommunistischen Partei Indiens (Marxistisch) – CPIM oder CPM – geführt wird, hat zahlreiche Bergungs- und Sicherungsmaßnahmen eingeleitet. Der keralesische Regierungschef („Chief Minister“) Pinarayi Vijayan, Mitglied des Politbüros der CPM, rief die höchste Alarmstufe aus.

Kommunistische Hochburg im Südwesten Indiens

Kerala gilt neben Tripura und Westbengalen als kommunistische Hochburg Indiens, d.h. der CPM sowie in geringerem Maße auch der Kommunistischen Partei Indiens (CPI): Die CPM hält im regionalen Staatsparlament 58 (von 141) Mandaten, 19 Sitze entfallen auf die CPI, was zusammen eine Mehrheit der „Linken Demokratischen Front“ (LDF) von 77 Abgeordneten ergibt. Dem gegenüber kommt die sozialdemokratische Kongresspartei (INC) lediglich auf 22 Mandate, die bundesweit an der Macht befindliche rechtskonservative nationalistische BJP von Premierminister Modi findet in Kerala kein Gehör: Sie verfügt hier nur über einen einzigen Parlamentssitz. Infolge des kommunistischen Einflusses sind die sozialen Verhältnisse in Kerala vergleichsweise vorbildhaft: Das Durchschnittseinkommen der 35 Millionen Einwohner liegt ein Drittel über dem gesamtindischen Medianwert, drastische Armut und Slums gibt es nicht, was auf Landreform, staatliche Investitionen, Infrastrukturausbau und gezielte Arbeitsbeschaffung zurückzuführen ist. Bildungs- und Gesundheitsweisen sind gut ausgebaut, der Analphabetismus ist überwunden, diverse positiv hervorstechenden Indizes (bezüglich Lebenserwartung, Säuglingssterblichkeit, Frauengleichstellung, LGBT-Rechte, Index der menschlichen Entwicklung) suchen in Indien ihresgleichen. In verschiedenen Agrarbereichen ist der vergleichsweise kleine Bundesstaat Hauptproduzent, z.B. für Kautschuk (92% der gesamtindischen Produktion), Kakao (63%), Pfeffer (97%) oder Kokosnüsse (45%). Ökonomischer Treppenwitz des Kapitalismus: Keralas Industrialisierungsgrad ist eher gering, da die starken kommunistischen Parteien sowie die kämpferischen Gewerkschaften eine allzu einfache Ausbeutung der Arbeiterklasse durch internationale und indische Konzerne freilich nicht gerade begünstigen, weshalb deren Betriebsansiedlungen sich andernorts konzentrieren.

Monsun und Naturkatastrophen als permanente Gefahren

Naturkatastrophen hat aber natürlich auch die sozial-progressive kommunistische Regierung wenig entgegenzusetzen: Der Monsun kommt verlässlich und stellt damit eine regelmäßige Gefahr dar, nämlich sogar zweimal im Jahr: Dem gegenwärtigen Südwest-Sommermonsun, der immer zuerst in Kerala auf das Festland trifft, folgt der Nordost-Wintermonsun, dazwischen gibt es eine Dürreperiode. Erst 2018 gab es eine „Jahrhundertüberflutung“ mit über 500 Todesopfern. Damals reagierte die Regierung mit der Evakuierung von eineinhalb Millionen Menschen in vorübergehende Flüchtlingslager, 33.000 Menschen wurden aus den Fluten gerettet. Danach wurden ca. 700 Millionen Euro den Betroffenen als Direkthilfe bereitgestellt, außerdem gab es ein staatliches Wiederaufbauprogramm, mit dem die zerstörten Häuser neu errichtet wurden. Als Präventivmaßnahmen bemüht sich die kommunistische Regierung um die Sicherung von Dämmen, die Umsetzung von Bodenbefestigungen sowie um eine gezielte Wasserregulierung bereits im Vorfeld der Monsunzeit. Doch gibt es hierbei mitunter Probleme mit angrenzenden Bundesstaaten, die nicht zu einem gemeinsamen Vorgehen bereit sind und nur ihren eigenen Vorteil suchen. Und zu guter Letzt ist natürlich klar, dass die Folgen des Klimawandels ebenfalls ihren Einfluss auf die in Kerala auftretenden Naturkatastrophen haben. Auch dies ist ein Thema für die Regionalregierung.

Quelle: Times of India

Quelle:

Zeitung der Arbeit