Miteinander reden

Es liegt ausnahmsweise einmal nicht nur an den Medien, wenn zum Thema Koreanische Halbinsel innerhalb weniger Tage völlig unterschiedliche Meldungen in die Welt posaunt werden. Es begann unmittelbar vor Eröffnung der Olympischen Winterspiele, als gemeldet wurde, eine hochrangige Delegation aus dem Norden der Halbinsel sei nach Seoul aufgebrochen, um an den Eröffnungsfeierlichkeiten teilzunehmen. Was eigentlich angesichts der verfahrenen Lage als ein außerordentlich gutes Signal anzusehen ist, wurde in den Berichten der bürgerlichen Medien schnell ins Gegenteil verdreht.

Völlig aus dem Zusammenhang gerissen wurde gemeldet, die Nordkoreaner seien – angeblich – nicht bereit zu Gesprächen mit den USA.

Was eigentlich höchstens einen Nebensatz in den Nachrichten wert wäre, wurde hier zur Meldung aufgebauscht, denn es ließ sich daran so herrlich die »Sturheit« der nordkoreanischen Führung vorführen. Dabei ist es völlig normal, daß ein Gespräch mit einem Vizepräsidenten der USA, der immerhin die USA-Delegation leitete, nicht mal einfach so nebenbei und ohne diplomatische Vorbereitungen geführt werden kann – vor allem nicht angesichts des aktuellen Zustands der (Nicht-)Beziehungen zwischen beiden Staaten.

Dann kam die Überraschung. Südkoreas Präsident ließ die Gäste aus dem Norden während der Eröffnungszeremonie in seiner unmittelbaren Nähe sitzen, die Bilder von der freundlichen Begrüßung und vom Händeschütteln gingen um die Welt. Als er dann die Nordkoreaner auch noch in seine offiziellen Räume zu einem Gespräch und zum Essen einlud, war die Sensation beinahe perfekt. Der Clou war schließlich, daß dem südkoreanischen Staatsoberhaupt eine offizielle Einladung nach Pjöngjang übergeben wurde.

Nun war es plötzlich vorbei mit der unbedingten Gesprächsbereitschaft des Südens – und der USA. Nach Konsultation mit dem USA-Vizepräsidenten ließ Präsident Moon verlauten, er werde über die Einladung nachdenken. In den bürgerlichen Medien wurden sofort Spekulationen angestellt, denn das Ding mußte doch irgendeinen Haken haben.

Dabei ist das alles ziemlich einfach zu verstehen. Die politische Linie der nordkoreanischen Führung bestand seit Jahrzehnten darin, alles dafür zu tun, um als gleichwertiger Gesprächspartner anerkannt zu werden, sowohl für Südkorea, als auch für die USA, und schließlich für alle Staaten ohne Ausnahme. Dies ist aus Sicht des Nordens die wichtigste Voraussetzung dafür, endlich auch Gespräche über einen Friedensvertrag zu führen und damit einen wirklichen Schlußpunkt unter das Kapitel des Korea-Krieges von 1950 bis 1953 zu setzen, der lediglich durch einen Waffenstillstand beendet wurde.

Auch der Vorschlag der Führung in Pjöngjang, die Koreanische Halbinsel zu einer atomwaffenfreien Zone zu deklarieren, liegt weiter auf dem Tisch. Die USA sprechen zwar von einer »Denuklearisierung«, meinen damit allerdings nur die Abkehr des Nordens vom eigenen Atomwaffenprogramm. Sie wollen sich selbst weiterhin die Stationierung von Atomwaffen in Südkorea vorbehalten.

Bei einigen Politberatern des Weißen Hauses scheint sich am Montag die Meinung durchgesetzt zu haben, daß »Miteinander Reden« vielleicht ganz gut wäre. Und so ließ USA-Vize Pence verlauten, man könne gemeinsame Gespräche in Erwägung ziehen. Allerdings wolle man gleichzeitig »den Druck aufrecht erhalten«.

Bereitschaft zu Gesprächen sieht zwar ein wenig anders aus, aber die leisen Töne aus Washington und Seoul lassen zumindest einige Hoffnungen keimen.

Uli Brockmeyer

 

Aus: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek