VHS-Dozentin verliert Prozess nach fristlosem Rauswurf

Vor dem Berliner Arbeitsgericht ist am 22. Juli 2020 die Klage einer freiberuflichen Deutschdozentin gegen die Volkshochschule Friedrichshain-Kreuzberg abgewiesen worden. Das teilte die Pressesprecherin des Arbeitsgerichts, Lina Voss, gegenüber ver.di auf Anfrage mit. Die Klägerin war im VHS-Jahresprogramm 2019 namentlich eingeplant und wollte nach einem fristlosen Rauswurf im Januar 2019 die ihr entgangenen Honorare von rund 18 000 € einfordern. Bei der gestrigen Gerichtsverhandlung waren zahlreiche unterstützende VHS-Kolleginnen und -Kollegen anwesend, die wegen der Coronaregeln teilweise im Flur warten mussten.

Die klagende Kursleiterin war 27 Jahre als arbeitnehmerähnliche Deutschdozentin für Integration an der Volkshochschule Friedrichshain-Kreuzberg tätig. Nach einem Streitgespräch mit ihrem damals neuen Fachbereichsleiter über mangelnde Transparenz bei der Kursvergabe und Altersdiskriminierung hatte die damalige VHS-Direktorin der Dozentin per E-Mail jegliche weitere Zusammenarbeit aufgekündigt.

Das Gericht entschied, dass weder die Nennung im Programmheft noch E-Mail-Absprachen einen wirksamen Vertrag darstellten. Verträge seien nach dem Berliner Schulgesetz schriftlich zu schließen, sagte der vorsitzende Richter in der Verhandlung. „Das Gericht beruft sich in seinem Urteil auf die Schriftform-Erfordernis der Verträge“, so Gerichtssprecherin Voss. Andere Rechtsfragen seien daher nicht berücksichtigt worden. Die Klägerin will in Berufung gehen.

„Wir bedauern den Ausgang für unsere Kollegin. Das Urteil zeigt aber auch generell, dass die bisherige Praxis der Absprachen und Planung uns freiberuflichen VHS-Lehrkräften offenbar keine Rechtssicherheit bietet“, sagt Beate Strenge, ver.di-Sprecherin in der VHS-Dozent*innen-Vertretung Berlin. „Die Frage ist u.a. sehr wichtig für die uns zustehende Ausfallzahlung bei Krankheit, die sich bislang nach den geplanten Kursen und nicht nach unterschriebenen Verträgen richtet. Hier müssen wir in Gesprächen mit dem Land Berlin bald eine rechtssichere Lösung finden“.

Die VHS-Programmplanungen basieren in der Regel auf E-Mail-Zusagen und einer Online-Planung. Schriftliche Honorarverträge werden den Kursleitenden meist erst sehr knapp vor Kursbeginn von der VHS vorgelegt. Auch bei jahrzehntelanger Beschäftigung erhalten VHS-Dozent/inn/en immer nur kurzfristige Honorarverträge für wenige Wochen.

Die Berliner Landesregierung hat grundsätzlich die prekäre Situation der VHS-Dozenten anerkannt. Sie kündigte in ihrem Regierungsprogramm 2017 eine bessere soziale Absicherung der VHS-Dozenten an. Die Umsetzung ist aber bisher nicht erfolgt. ver.di fordert daher gemeinsam mit der Berliner VHS-Dozent*innen-Vertretung einen Tarifvertrag für die arbeitnehmerähnlichen Lehrkräfte – nach dem Modell an öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten – sowie Festanstellungen für Daueraufgaben. Zudem hat das Berliner Abgeordnetenhaus am 04. Juni 2020 den Antrag „Mehr soziale Sicherheit für VHS-Dozent*innen“ beschlossen. Einige Verbesserungen sind in Arbeit, aber noch nicht wirksam.

Quelle:

ver.di Landesbezirk Berlin-Brandenburg