Hamburgs Polizei putscht gegen die Justiz

Antikapitalistisches CampHamburgs Polizei hat sich heute über ein Urteil des Verwaltungsgerichts Hamburg hinweggesetzt und ohne geltende Rechtsgrundlage den Aufbau des Antikapitalistischen Camps im Elbpark Entenwerder im Stadtteil Rothenburgsort verhindert. Rechtsanwalt Martin Klingner sprach in diesem Zusammenhang von einem »Putsch der Polizei gegen die Justiz«. Der Anwaltliche Notdienst des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV) forderte in einer Pressemitteilung die Ablösung des Einsatzleisters der Polizei, Hartmut Dudde.

Trotz positiver Eilentscheidung des Hamburger Verwaltungsgerichts (VG) in der Nacht zum 2. Juli 2017 (Az. 75 G 3/17) hat die Hamburger Polizei den Versammlungsteilnehmern des Antikapitalistischen Camps den Zugang zu dem  angemeldeten Gelände Entenwerder verweigert und angekündigt, dass der Gesamteinsatzleiter Dudde persönlich ein absolutes Versammlungsverbot auf dem Gelände durchsetzen werde. Herr Dudde behauptet derzeit ggü. der Presse schlicht, es gebe keine gerichtliche Entscheidung.

Letzteres ist bemerkenswert, so hatte das VG in dem Beschluss auf die Sorge des anwaltlichen Beistandes RA Martin Klingner noch erklärt: »Soweit der Antragsteller ausgeführt hat, dass die [Polizei…] den Aufbau des Camps mittels unmittelbaren Zwangs verhindern werde, ist nicht ersichtlich, dass die [Polizei…] in Ansehung des hiesigen Beschlusses dennoch faktische Verhinderungsmaßnahmen ergreifen wird, solange dieser nicht durch einen entsprechenden Beschluss in einem etwaigen Beschwerdeverfahren aufgehoben worden ist.« Das Gericht war fälschlicherweise davon ausgegangen, dass die Polizei Hamburg sich an den gerichtlichen Beschluss halten wurde.

Der Anwaltliche Notdienst stellt dazu fest: »Während der Innensenator Grote trotz aller Verbote nicht müde wird, die angeblich demokratischen und versammlungsfreundlichen Verhältnisse in Hamburg zu beschwören, sieht die Wirklichkeit völlig anders aus. Er bedient sich eines Einsatzleiters, der nicht bereit ist, sich an gerichtliche Entscheidungen zu halten und der aktiv das Recht bricht. Dass der Anmelder des Camps Entenwerder und die TeilnehmerInnen der Versammlung, die das Camp aufbauen wollen, nicht auf das Versammlungsgelände gelassen werden, ist eine rechtswidrige Nötigung. Es ist gleichzeitig eine Ankündigung, wie die Polizei unter PD Hartmut Dudde dem weiteren G 20- Protest zu begegnen gedenkt: nicht durch Schutz, sondern durch Behinderung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit.«

Dazu Rechtsanwalt Martin Klingner, der die Anmelder des Camps Entenwerder erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht vertreten hat: »Die Hamburger Polizei bricht die Verfassung, aber wir werden uns durchsetzen.«

»Wir hatten bereits befürchtet, dass Herr Dudde auch dieses Urteil einfach ignorieren würde, sind aber trotzdem über seine Kaltschnäuzigkeit empört«, erklärte die innenpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke in der Hamburgischen Bürgerschaft, Christiane Schneider. »Damit macht der oberste Polizist beim G20-Gipfel seinem Ruf alle Ehre, sich nicht um das Recht zu scheren. Dass es bei dieser Provokation bisher zu keiner Eskalation gekommen ist, ist allein dem besonnenen Verhalten der G20-Gegner_innen zu verdanken. Ob Dudde diese Aktion mit oder ohne politische Rückendeckung befohlen hat – es ist eine Suspendierung des Rechtsstaatsprinzips und eine massive Eskalation. Das lässt auch für die nächsten Tage nichts Gutes erwarten. Die Fraktion Die Linke fordert den Senat und speziell den Innensenator erneut auf, sich an die Rechtslage zu halten und entsprechend zu kooperieren und zu deeskalieren.«

Wie der Ermittlungsausschuss (EA) mitteilte, versuchten Polizisten wiederholt, anreisende DemonstrantInnen zu einem angeblichen Camp am Frascatiplatz in Hamburg-Bergedorf zu schicken, damit zu verwirren und zu verunsichern. Der von niemandem außer der Polizei-Einsatzleitung gewünschte Camp-Ort am Frascatiplatz war vom Verwaltungsgericht Hamburg mit Beschluss vom 1. Juli als unzureichend bezeichnet worden.