Gedenkworte zum Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers SIII im Jonastal

Am 6. April 2019 fand das jährliche Gedenken anlässlich der Befreiung der Häftlinge des Konzentrationslagers SIII vor 74 Jahren im Jonastal statt. Unsere Vorsitzende Elke Pudszuhn sprach dort die folgenden Gedenkworte.

Liebe Teilnehmer des heutigen Gedenkens, anlässlich 74. Jahrestages der Befreiung der Häftlinge des Konzentrationslagers SIII

Heute vor 74 Jahren befanden sich die Häftlinge der Lager aus Ohrdruf, Crawinkel und Espenfeld auf dem Marsch ins Hauptlager Buchenwald.
Viele von ihnen haben es nicht geschafft, wurden auf dem Marsch erschlagen, erschossen und liegengelassen am Wegesrand.
Die entkräfteten, aber lebenden Häftlinge, erlebten am 11. April die Selbstbefreiung und leisteten am 19. April 1945 auf dem Appellplatz den Schwur der 21.000 Überlebenden.

Im Schwur heißt es:
Wir Buchenwalder Sowjetbürger, Franzosen, Polen, Tschechen, Slowaken, Deutsche, Spanier, Italiener, Österreicher, Belgier, Holländer, Engländer, Luxemburger, Rumänen, Jugoslawen und Ungarn kämpften gemeinsam gegen die SS, gegen die nazistischen Verbrecher, für unsere eigene Befreiung. Uns beseelt eine Idee: unsere Sache ist gerecht – der Sieg muss unser sein….“

Von den anwesenden Häftlingen aus über 30 Nationen, wurde der Schwur hinausgetragen in die Herkunftsländer und hat nichts an seiner Bedeutung in den vergangenen 74 Jahren verloren.

Warum erinnere ich an den Schwur? Weil ich meine, dass er nichts an Aktualität verloren hat und heute in Vorbereitung auf die Wahlen zum Europäischen Parlament im Mai 2019 für die Internationale Förderation der Widerstandskämpfer – Bund der Antifaschisten, ihre Mitgliedsverbände in fast allen europäischen Ländern und Israel sowie für die Veteranen des antifaschistischen Kampfes und für die Antifaschisten heutiger Generationen von großer Bedeutung ist.

In den letzten Jahren mussten wir oft schmerzlich erleben, dass gegenwärtige Politik und Entwicklung der EU nicht den Interessen großer Teile der Menschen in den europäischen Ländern entspricht. Insbesondere die Reaktion auf die Flüchtlingssituation haben die soziale Spaltung in Europa vertieft.
Zahlreiche Entscheidungen führen zu massiver sozialer Ausgrenzung und Abbau von Rechten der Beschäftigten, gehen zu Lasten der Schwächsten der jeweiligen Länder.
Zeitgleich wird die Abschottung der „Festung Europa“ massiv verstärkt und der Aufbau einer europäischen Militärmacht für internationale Einsätze vorangetrieben.

Dagegen müssen auch im Europäischen Parlament die Stimmen gestärkt werden, die sich für eine demokratische, friedensorientierte, solidarische und sozial gerechtere Entwicklung Europas einsetzen.
Außerdem erleben wir in zahlreichen europäischen Ländern einen deutlichen Vormarsch offen rassistischer, nationalistischer und extrem rechter Parteien und Gruppen. Sie sind nicht nur in nationalen Parlamenten stark vertreten, sondern mittlerweile in mehreren Staaten an der Regierung beteiligt und setzen dort ihre antidemokratische und rassistische Politik in Regierungshandeln um.

Ich werbe für keine Partei, sondern für das gemeinsame Eintreten für ein Europa, das jeder Form der rassistischen Diskriminierung oder der Fremdenfeindlichkeit entgegentritt;
das sich für Flüchtlinge und Minderheiten einsetzt und allen eine menschenwürdige Behandlung garantiert; das sich gegen jegliche Form von Holocaustleugnung, Verfälschung des Widerstandskampfes, Zerstörung von Gedenkorten, Geschichtsrevisionismus und Rehabilitierung von SS-Verbrechern einsetzt; das für eine Friedenspolitik eintritt, nicht auf hegemonialer Dominanz in der Außenpolitik, sondern auf nichtmilitärischer Konfliktlösung beruht.

Ein solches Europa ist möglich, wenn sich die Völker aktiv und vernehmbar für ihre Interessen einsetzen.
Dazu zähle ich mich auch, da ich in Gesprächen mit jungen Leuten, bei Führungen in Buchenwald, bei Veranstaltungen usw. den Schwur verlese und darüber spreche. Das habe ich von meinem Vater übernommen, der Buchenwald überlebt hat.

So sehe ich die Verbindung des Schwurs von Buchenwald und die Friedensbewegung.
… die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren Kameraden, ihren Angehörigen schuldig.

Das ist unser gemeinsames Anliegen, unabhängig von politischen Ansichten, für eine Welt des Friedens zu kämpfen.

Wir vertreten den Gedanken einer europäischen Friedensordnung und wenden uns gegen jede Art von Nationalismus.

Für eine Welt des Friedens und der Freiheit getreu dem Schwur von Buchenwald!
Deine Stimme gegen AfD und NPD – Solidarität statt Nationalismus!
Danke für ihre Aufmerksamkeit!

Quelle:

VVN-BdA Landesvereinigung Thüringen