Gute Nachricht für Europa?

Es sei eine »gute Nachricht für Europa«, ließ der französische Präsident verlauten, nachdem bekanntgeworden war, daß die Mitglieder der SPD mehrheitlich für die Bildung einer Regierungs-Koalition mit den konservativen Parteien CDU und CSU gestimmt hatten. Frankreich und Deutschland würden zusammenarbeiten, um schon von den kommenden Wochen an neue Initiativen vorzubereiten und »das europäische Projekt« voranzubringen, hieß es weiter. Wer die Pläne des gottgleichen Herrn Macron kennt, kann sich vorstellen, daß dabei nichts Gutes herauskommen kann – zumindest nicht für die Menschen, die von ihrer Hände Arbeit leben, oder leben wollen.

Auch Luxemburgs Außenminister konnte sich wieder einmal nicht zurückhalten und schwafelte: »Ein Deutschland ohne die Komponente der Sozialdemokratie würde Europa nicht stärken«. Angesichts eines drohenden Handelskrieges brauche »Deutschland als exportstärkstes Land der EU eine starke Regierung«, meinte der dienstälteste Außenminister der EU. Und er freut sich, daß das Votum mit einem »so klaren Resultat« ausgegangen ist.

Herr Asselborn hätte vielleicht in Mathematik besser aufpassen sollen. Laut den offiziellen Daten der SPD-Zentrale haben gerade einmal 52 Prozent der SPD-Mitglieder für die sogenannte Große Koalition gestimmt.

Die Chefs der SPD haben mit ihrer ausgedehnten Werbetour zumindest erreicht, daß sie nun doch wieder mit auf der Regierungsbank sitzen können und dafür sorgen dürfen, daß sich für die wirklich Herrschenden, also für die Besitzer der Banken und Konzerne, auch in Zukunft alles zum Besten wendet.

Immer wieder ist von der »Handschrift der Sozialdemokratie« die Rede. Wer glaubt, daß damit etwas gemeint sein könnte, was gut ist für die Arbeiter und ihre Familien, für die Arbeitslosen, die prekär Beschäftigten, die Jugendlichen oder die Rentner, wird auch in den kommenden Jahren der Merkel-Regierung bitter enttäuscht werden. Denn die wirkliche Handschrift der Sozialdemokratie ist bekannt. In Deutschland sind vor allem die Hartz-Gesetze in dieser Handschrift geschrieben worden, sowie fast alle Maßnahmen, die zu einer in den letzten 70 Jahren nicht gekannten Verschärfung von Armut führten – bei unverhältnismäßig rasanter Steigerung des Reichtums der oberen ein bis fünf Prozent.

Die deutschen Kommunisten schätzten auf ihrem Parteitag am Wochenende ein, daß die neu entstehende Regierung eine Kriegskoalition sein werde. Das ist nicht nur darin begründet, daß sich die Parteien in ihrem vorliegenden Programm auf das seinerzeit von USA-Präsident Obama geforderte und dann von der NATO festgelegte Ziel geeinigt haben, zwei Prozent des BIP für Rüstung und Krieg auszugeben.

Daß die Einschätzung der DKP traurige Wahrheit ist, zeigt sich bereits. Kaum war das Ergebnis des Votums bekannt, da verkündete die geschäftsführende Kriegsministerin eine deutliche Aufstockung des Kontingents der deutschen Bundeswehr in Afghanistan, wo deutsche Soldaten – und zeitweilig auch luxemburgische – seit Jahren an der Seite ihrer Kameraden aus den USA einen nicht gewinnbaren Krieg verlieren. Außerdem verkündete sie einen verstärkten Einsatz deutscher Soldaten im Irak. Allein das läßt ahnen, worauf man sich noch gefaßt machen muß.

Zumindest nicht darauf, daß an den gegenwärtigen Verhältnissen irgendetwas grundlegend verändert wird. Agenturen meldeten am Montag, daß der Eurokurs weder vom »GroKo«-Votum noch vom Rechtsruck in Italien in irgendeiner Form beeinflußt worden sei… Kapitalismus eben.

Uli Brockmeyer

 

Aus: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek