Richter kippen BKA-Gesetz

Pressemitteilung des BundesverfassungsgerichtsDas Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch das 2008 verabschiedete BKA-Gesetz gekippt, das eine weitgehende Bespitzelung unbescholtener Bürger legalisiert hatte. Darunter sind unter anderem Vorschriften, mit denen das Bundeskriminalamt ermächtigt wurde, durch Telefonüberwachung, Observationen und den Einsatz von Wanzen und Trojanern auch heimlich in den Kontakt von Anwälten und Mandaten einzudringen.

Wie die Richter des Ersten Senats entschieden, sei die Ermächtigung des Bundeskriminalamts zum Einsatz von heimlichen Überwachungsmaßnahmen zur Abwehr des internationalen Terrorismus zwar »im Grundsatz« mit den Grundrechten vereinbar ist, die »derzeitige Ausgestaltung« genüge jedoch nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zum Teil fehle es an rechtsstaatlichen Absicherungen insbesondere zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung. Außerdem bemängelten die Juristen, dass die Übermittlung von Daten an in- wie ausländische Behörden nicht hinreichend begrenzt wurde. Die Legislative muss die von den Richtern beanstandeten Punkte bis zum 30. Juni 2018 ändern. Bis dahin gelten sie jedoch »mit Einschränkungen« weiter.

Für den Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) erklärt dessen Vorsitzender Martin Heiming: »Jetzt steht fest, dass der Gesetzgeber sehenden Auges die besonderen Befugnisse des BKA bei der präventiven Terrorismusbekämpfung außerhalb der Verfassung angesiedelt hat. Das Urteil vom heutigen Tage war vorhersehbar und reiht sich ein in eine Vielzahl von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, mit denen die exzessive Sicherheitsgesetzgebung der letzten Jahre korrigiert werden musste.«

»Es ist gut, dass das oberste deutsche Gericht wie schon in früheren Fällen die Regierungswillkür in die Schranken gewiesen und die Bürgerrechte gegen staatliches Nachstellen verteidigt hat«, erklärte Jan Korte, stellvertretender Vorsitzender der Linksfraktion. »Leider haben die Richter jedoch nicht den Mut gehabt, die Ermächtigung des Bundeskriminalamts zum  unkontrollierbaren Einsatz von heimlichen Überwachungsmaßnahmen als im Grundsatz mit den Grundrechten unvereinbar zu erklären. Hier ist jetzt die politische und gesellschaftliche Debatte über die Frage, wie viel Freiheit wir noch aufgeben wollen, fällig.« Das BKA-Gesetz sei ein Meilenstein auf dem Weg zu einem zentralstaatlichen »deutschen FBI«, einer Polizei mit Geheimdienstkompetenzen. Es untergrabe die Bürgerrechte, da die Reichweite der legitimierten Überwachungsmaßnahmen angesichts einer unscharfen Definition von Terrorismus nahezu unbegrenzt sei. »Von daher ist das heutige Urteil ein wichtiges Korrektiv zum Schutz der Privatsphäre und muss entsprechende Konsequenzen auch in anderen Gesetzen nach sich ziehen. Die Eingriffs- und Überwachungsbefugnisse der Sicherheitsbehörden müssen generell auf den Prüfstand und entsprechend der Karlsruher Vorgaben eingeschränkt werden«, forderte Korte.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, RAV, Die Linke / RedGlobe