Studie ergibt nix neues: Reiche Kids im Vorteil

„Wenn du dich nur genug anstrengst, kannst Du alles erreichen“. Das ist ein Satz, den Schüler schon seit der ersten Klasse immer wieder zu hören bekommen. Deutschland ist doch ein freies Land! Hier zählt nicht, woher du kommst! Oder?

Doch wissenschaftliche Studien beweisen regelmäßig das Gegenteil. Erst im Dezember 2017 wurde die ,,Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung“, kurz IGLU, veröffentlicht. Die Ergebnisse der deutschen Grundschüler waren schockierend.

Nicht nur verfehlten 18,9% der deutschen Schülerinnen und Schüler zwischen der 1. und 4. Klasse das internationale Mindestniveau. Die Abhängigkeit der Leseleistung vom Einkommen und Bildungsniveau des Elternhauses hat sogar noch zugenommen. Und dabei ist Deutschland sowieso schon eins der ungerechtesten Länder was das angeht, wie OECD Studien regelmäßig beweisen.

Um es auf den Punkt zu bringen: Reiche Kinder schneiden deutlich besser ab als nicht-reiche. Doch woran liegt das?

Die Antwort ist einfach:

Ein Grund sind die wachsenden Einkommensunterschiede in Deutschland. Der Reallohn – also das, was abzüglich des Geldwertverlustes real überbleibt – sinkt in Deutschland stetig. Es gibt also immer mehr Menschen, die immer weniger verdienen. Damit einher geht ein weiterer Grund: Unser Schulsystem sortiert aus. Zentraler Punkt dabei ist, ob die Eltern Abitur haben oder nicht und entsprechend der Verdienst der Eltern. Kinder von Geringverdienern werden systematisch aussortiert und benachteiligt.

Diese Aussortierung findet auf verschiedene Arten statt:

Zum einen können viele Eltern, die 40 Stunden in der Woche arbeiten müssen ihren Kindern entweder gar nicht, oder kaum bei den Hausaufgaben und beim Lernen helfen. Das kann aus Zeitgründen der Fall sein, oder weil die Eltern sich nicht mit dem Stoff auskennen. Oft ist auch ein Nachhilfelehrer zu teuer. Und vor allem Grundschüler brauchen Unterstützung außerhalb des Unterrichts sehr dringend. Zumindest, solange es in unserem Schulsystem Hausaufgaben gibt und das Ganztagsangebot an Grundschulen und Schulen allgemein mangelhaft ist. Der Staat und die Kommunen bieten kostenlose Nachhilfe nur selten an, die solche Probleme der Eltern ausgleichen könnten.

Jeder Schüler sollte ein Recht auf kostenlose Förderung haben. Zum Beispiel in Form von kostenloser Ganztagsbetreuung an Grundschulen. Hausaufgaben, die noch zusätzlich daheim erledigt werden müssen, gehören abgeschafft!

Solche Angebote sind aktuell auch schwer durchsetzbar, weil fast überall massiv Lehrerstellen im Grundschulbereich gekürzt werden und die Grundschulklassen generell zu groß sind. Wenn man als Grundschullehrerin 20 7-Jährige Kinder unterrichten muss, ist die Gefahr hoch, dass übersehen wird, dass manche nicht lesen können. Und selbst, wenn es erkannt wird: Kapazitäten zur individuellen Förderung sind bei der aktuellen Bildungsunterfinanzierung nicht vorhanden. Diese Arbeitsbedingungen sind für viele so unattraktiv, dass sie erst gar nicht in den Grundschulbereich gehen wollen. Viele Länder und Kommunen versuchen, dies durch so genannte Quereinsteiger auszugleichen. Diese Personen sind ohne Frage meist fachlich kompetent. Jedoch fehlt es ihnen meist an einer guten pädagogischen Ausbildung. Auch hier kann schnell untergehen, wenn eines oder mehrere Kinder im Unterricht nicht mitkommen.

Darüber hinaus hat das Kind eines Professors bei gleicher Leistung und gleicher Intelligenz eine 3,4 mal so hohe Chance eine Empfehlung für das Gymnasium zu bekommen wie ein Arbeiterkind. Diese Empfehlungen sind in einigen Bundesländern der entscheidende Faktor, ob das Kind den Schulplatz bekommt, oder nicht.

Wir wollen Chancengleichheit und gemeinsam voneinander lernen!

In der Diskussion um die Ergebnisse der IGLU-Studie wurde häufig gesagt: Kinder haben zu früh zu viel mit Technik zu tun, Bücher spielen kaum noch eine Rolle. Da brauche man sich ja nicht wundern, wenn sie immer schlechter lesen könnten. Zwei Sachen sind hierbei ein Problem. Zum einen haben die Eltern wahrscheinlich eine ähnlich mangelhafte Lesekompetenz aus der Schule mitbekommen. Wie sollen sie also ihren Kindern beibringen, was dieses Schulsystem ihnen nie beigebracht hat? Und zum anderen ist das grundsätzliche Problem ein anderes. Das Kernproblem ist eine profitorientierte Gesellschaft, in der die Menschen hinter das große Geld gestellt und Schulen und Förderung unterfinanziert werden. Dieses Problem kann nicht gelöst werden in einer Gesellschaft, in der die großen Konzerne Interesse daran haben, dass die Mehrheit nur so viel lernt, wie für den späteren Beruf notwendig.

Quelle:

SDAJ – Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend