Die Diesel-Farce

In dieser Woche geschah also, was bereits erwartet wurde: Die deutschen Bundesrichter gaben grundsätzlich grünes Licht für Diesel-Fahrverbote, die nun von den betroffenen Städten und Gemeinden in Deutschland selbst eingeführt werden können.

Diese Entwicklung ist in ein kapitalistisches Lehrstück erster Güte: Die Automobilindustrie betrügt bei den Abgaswerten und täuscht ihre Kunden, die guten Gewissens zu scheinbar sauberen Fahrzeugen greifen. Anstatt die Industrie in die Pflicht zu nehmen, für Nachbesserung zu sorgen, wie es auf jeder normalen Handelsplattform üblich ist, werden nun die Endverbraucher bestraft, indem sie ihre Fahrzeuge nur noch eingeschränkt nutzen dürfen.

Dabei gab es für die Industrie eine zehnjährige Karenzzeit (1999-2009), in welcher die Technik an die Grenzwerte angepaßt werden sollte.

Selbstverständlich muß in der Mobilität, speziell beim Individualverkehr, ein Umdenken zu anderen Antrieben kommen, jedoch wurde eine solche Entwicklung jahrzehntelang von der gleichen Industrie blockiert, die nun straffrei ausgeht.

Initiator der Klage, die nun vor dem Leipziger Bundesgericht Recht bekam, ist die sogenannten »Deutsche Umwelthilfe e.V.« (DUH), eine Splittergruppe, die von sich behauptet, im Namen der Massen zu sprechen und die selbst einen relativ seltsamen Hintergrund offenbart. Hauptsächlich finanziert aus Steuergeldern staatlicherseits über das Umweltministerium und über kleinere Zuwendungen von der E-Auto-Industrie, ist es eine Kleinst-Lobbygruppe, die im Prinzip gezielte Auftragsarbeit, aber nicht für die breite Masse, macht.

Denn für andere gesundheitsgefährdende Zustände interessiert man sich dann doch auffällig wenig. Es dürfte klar sein, daß es als nächstes den Benzinern an den Kragen gehen wird, deren Partikelausstoß der DUH bereits Anlaß gegeben hat, neue Klagen vorzubereiten. Damit steht die nächste Gruppe auf der Abschußliste, und dies, wie zuvor beim Diesel, nach dem Motto: Gewinne privatisieren – Probleme sozialisieren. Denn die Unternehmen bleiben unangetastet und der DUH ist das »Wie« egal.

Diese finanziellen Hintergründe der Gruppe sollten klar machen, daß es in erster Linie darum gehen soll, den Markt für Elektromobilität anzukurbeln und die insgesamt noch immer viel zu teure und leistungsschwache Technologie durch Zwang unters Volk zu bringen. Um den Öffentlichen Transport als Alternative scheint es hingegen nicht zu gehen. Wie sonst ließe sich der öffentliche Widerstand gegen Forderungen nach kostenlosem Nahverkehr sowie das immer schlechter und teurer werdende überregionale Angebot erklären?

Wenn Berufspendler auf derlei Probleme hinweisen, wird ihnen von Seiten der Umweltschützer hektisch mit der BahnCard vor dem Gesicht gewedelt oder erklärt, ein Verzicht auf das Auto sei möglich, man müsse es nur wollen.

Das mag in dem kleinen Universum solcher Menschen sicher funktionieren, wo zwischen Unverpacktladen, Häkelgruppe und Wohngemeinschaft der Drahtesel reicht, aber auf wie viele Menschen paßt ein solches Mobilitätsmuster – speziell in diesen Zeiten des zunehmenden Flexibilitätsdrucks?

Was wir erleben, ist die Vermarktung neuer Technologien unter dem drohenden Entzug der Mobilität unter dem Vorwand gesundheitlicher Aspekte in einem klar eingegrenzten Fokus, der nicht auf der Industrie liegt, sondern aus privaten Taschen finanziert wird. Das Urteil von Leipzig dürfte erst der Anfang sein.

Christoph Kühnemund

 

Aus: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek