Brot und Rosen!

Als 1912 die Textilarbeiterinnen in Massachusetts streikten, da kämpften sie nicht allein für höhere Löhne, sondern auch für würdige Arbeits- und Lebensbedingungen. Ihre Losung „Brot und Rosen“ ging um die Welt, wurde zum Lied und zum Ansporn für weitere Kämpfe.

In der aktuellen Tarifrunde im Öffentlichen Dienst geht es um das Gleiche. Viele Kolleginnen und Kollegen in den Krankenhäusern arbeiten in Teilzeit, weil der Arbeitsdruck nicht mehr auszuhalten ist. Sie brauchen mehr Geld – genauso wie Erzieherinnen und Erzieher und die Kolleginnen und Kollegen in der Stadtreinigung und in vielen anderen Bereichen. Die Mieten sind in den letzten Jahren rasant gestiegen. Immer mehr Beschäftigte können es sich nicht mehr leisten, in den Städten zu wohnen, für die sie arbeiten. Sie müssen in das Umland ziehen. Zur Unterbesetzung auf der Station oder in der Kita kommen dann noch lange Arbeitswege hinzu.

Streikrecht durchsetzen!

In der Tarifrunde geht es auch um Gerechtigkeit. Von der Politik werden 30 Jahre sogenannte Wiedervereinigung gefeiert, aber bis heute sind auch die Arbeitgeber des Öffentlichen Dienstes nicht bereit, gleiche Löhne bei gleichen Arbeitszeiten zu zahlen. Seit Jahren wird im Öffentlichen Dienst bei Wechselschichtbetrieb zum Beispiel an Schleusen die Pause bezahlt, aber in den Krankenhäusern gibt es bis heute keine bezahlte Pause. Wenn die ver.di-Kollegen heute für die Angleichung der Arbeitszeit und die bezahlte Pause eintreten, dann sorgen sie für Gerechtigkeit, zu der die Arbeitgeber nicht bereit sind.

Mehr Personal in den Krankenhäusern!

Vor allem aber geht es um würdige Arbeits- und Lebensbedingungen. Die privaten Krankenhausbetreiber machen Profite auf Kosten unserer Gesundheit. Die Bedingungen an den Kliniken in kommunaler Hand sind aber nicht viel besser. Bis jetzt haben sich Teile der Arbeitgeber geweigert, eine Notdienstvereinbarung im Falle eines Streiks für die Krankenhäuser zu unterzeichnen. Schon bei den ersten Arbeitsniederlegungen sahen sich Kolleginnen und Kollegen gezwungen, den Streik abzubrechen und wieder auf Station zu gehen. Mit der Verweigerung einer Notdienstvereinbarung gefährden die Arbeitgeber wissentlich Patientinnen und Patienten und setzen darauf, dass die Beschäftigten ihr grundgesetzlich verankertes Streikrecht im Zweifel nicht wahrnehmen.

Aber nicht der Streik, sondern der „Normalzustand“ gefährdet die Patienten. Der krasse Personalmangel führt zu Unterversorgung oder zum Beispiel zum zu späten Erkennen von Komplikationen. Die Arbeitsbelastung ist so hoch, dass eine Pflegekraft es im Schnitt nur sieben Jahre im Beruf aushält. Herr Spahn behauptet, dass alle Krankenhausbetreiber händeringend nach Personal suchen. Erstens ist das gelogen, es gilt zwar für einige Kliniken, aber längst nicht für alle. Und zweitens ist der Fachkräftemangel von der Arbeitgeberseite selbst produziert. 600.000 examinierte Pflegekräfte arbeiten nicht mehr in ihrem erlernten Beruf. Kolleginnen und Kollegen werden durch die Arbeitsbedingungen zur Flucht aus dem Beruf getrieben. Erst wenn vernünftig bezahlt wird und wenn eine gesetzlich verbindliche, bedarfsgerechte Personalbemessung durchgesetzt wird, kommen auch die Fachkräfte wieder. Erst wenn die Fallpauschale abgeschafft wird, kann es wieder um die Bedürfnisse der Patienten gehen.

Unverzichtbar! Unverantwortlich!

Gerade in der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, dass die Kolleginnen und Kollegen im Krankenhaus, in den Kitas, in weiteren Bereichen der Öffentlichen Daseinsvorsorge unverzichtbar sind. Genauso hat sich gezeigt, dass sich die Arbeitgeberseite absolut unverantwortlich verhält: Bis heute fehlt es immer wieder an Schutzkleidung für das Personal; Pausenregelungen werden nicht eingehalten; Testmöglichkeiten für die Kollegen werden nur an einigen Krankenhäusern angeboten. Der Arbeitgeber müssten die Tests bezahlen und geizt auch hier, obwohl es um die Gesundheit geht. Damit gefährden sie Beschäftigte, Patienten und deren Familien und Freunde. Bis heute finden die Forderungen der Beschäftigten in den Corona-Krisenstäben kein Gehör. Sie müssen dringend – und zwar mit allen Berufsgruppen – in den Krisenstäben vertreten sein.

Solidarität macht uns stark!

Es war die Seite der Arbeitgeber, die unbedingt eine Tarifrunde mitten in Corona-Zeiten wollte. Sie haben darauf spekuliert, dass die Kolleginnen und Kollegen schwach und nicht arbeitskampffähig sind. Aber schon die ersten Streiks im September haben gezeigt, dass sie sich verrechnet haben.

Unter den Bedingungen von Corona ist es nicht einfach, sich zu organisieren, trotzdem war die Streikbereitschaft gerade in den Krankenhäusern so hoch wie noch nie. Das geht nur in und mit der Gewerkschaft. Das geht nur, wenn Kolleginnen und Kollegen im Betrieb aktiv werden.

Wirkliche Stärke erreichen wir aber nur, wenn wir erkennen, dass wir als lohnabhängig Beschäftigte in einem Boot sitzen, egal ob in den Krankenhäusern, im Büro, bei der Stadtreinigung oder in den Kitas. Gemeinsam müssen wir für höhere Löhne und würdige Arbeits- und Lebensbedingungen kämpfen. Lasst uns gemeinsam streiten für unsere Rechte, für Brot und Rosen!

Quelle:

blog.unsere-zeit.de