Über die Einigung beim EU-Gipfel

Beim Geld fängt die Freundschaft an. Zumindest auf dem in der Nacht zu Dienstag beendeten Gipfel in Brüssel. Die Hilfen für die Staaten im EU-Süden und die von Corona gebeutelten Regionen in anderen Ländern waren nur möglich, weil Finanzzuschüsse teilweise in Kredite umgewandelt und den “Sparsamen Vier”, ebenso wie auch Deutschland, Nachlässe auf ihre EU-Beitragszahlungen eingeräumt wurden. Gibst du mir, geb ich dir, hieß es nach vier Tagen Beratungen. Selbst wenn das Einstimmigkeitsprinzip auch kaum eine andere Schlussformel zuließ – die “Solidarität” auf dem Gipfel ist eine erkaufte. Und keine, die auf den immer wieder zitierten EU-Grundwerten wie dem “Wohlergehen der Völker” basiert.

Diese faktische Rückkehr zum Rabattsystem nach britischem Vorbild 
(I want my money back!), das jeweils nur so viel “Europa” zulässt, wie Gelder in die eigenen Kassen (zurück)fließen, ist eine schwere Hypothek. Gar nicht in erster Linie, weil damit auf Jahre Streitereien um den auf dem Gipfel nach monatelangen Debatten beschlossenen langfristigen EU-Etat, um künftige Einnahmen und Ausgaben vorherzusehen sind. Sondern vor allem, weil abermals in einer entscheidenden Zukunftsfrage nationale Egoismen über gemeinsame europäische Interessen gestellt wurden. Selbst wenn solche Herausforderungen wie Klimawandel, Migration, Technologieentwicklung oder eben auch Pandemien nur gemeinsam zu meistern sind.

Fazit bleibt nach dem bislang zweitlängsten Gipfel der EU-Geschichte, dass nicht die Bedingungen und Erfordernisse, sondern wahltaktische Erwägungen in den Hauptstädten entscheiden, wie weit die viel beschworene Gemeinschaft geht. Und dass europäische Werte nur gelten, wenn für sie bezahlt wird.

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nd via ots