Griechenland wählt: Eindrücke von der Kampagne der Kommunisten

KKE-Generalsekretär Dimitris Koutsoumbas mit den deutschen Gästen. Foto: SDAJEine Delegation der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) besucht derzeit auf Einladung der Kommunistischen Jugend Griechenlands (KNE) das südeuropäische Land und hatte in den vergangenen Tagen die Gelegenheit, den Wahlkampf der griechischen Kommunisten zu den heute stattfindenden vorgezogenen Parlamentswahlen zu verfolgen. Hier ist ihr Bericht:

Es ist Freitag, 18. September 2015, zwei Tage vor der zweiten griechischen Parlamentswahl 2015. Die Außentemperatur beträgt 32°C, aber wir befinden uns im fast schon überklimatisierten Bus und fahren entlang der Schnellstraße, die von Korinth nach Patras führt. Eben noch waren wir in Kalavryta, dem Ort eines Massakers der deutschen Faschisten im Jahre 1943 und sind auf der Schmalspurbahnstrecke aus dem 19. Jahrhundert von Kalavryta nach Diakopto gefahren, von den Höhen der peloponnesischen Halbinsel hinunter zum Golf von Korinth.

In Patras angekommen laufen wir zum Georgiou-Platz, wo heute abend die letzte größere Wahlkampfveranstaltung der Kommunistischen Partei Griechenlands, kurz KKE, stattfindet. Als wir um kurz vor halb 7 Uhr ankommen, ist dort nicht viel los: Circa 300 Stühle sind vor der Bühne aufgebaut, aber noch sitzt niemand dort. Vier große Laternen rund um den Platz sind allerdings eingerüstet und mit KKE-Wahlslogans versehen, und aus großen Lautsprechern ertönen griechische Widerstands- und Revolutionslieder von Mikis Theodorakis, Maria Dimitriadi und Nikos Xylouris. Im Hintergrund der Bühne steht unübersehbar der Wahlkampfslogan der KKE, der übersetzt in etwa lautet »Ihr habt sie alle ausprobiert … mit der KKE gibt es jetzt eine Lösung auf dem Weg des Sturzes des Kapitalismus«. Durch die Cafés rund um den Platz schallt die Ankündigung der Kundgebung: Dimitris Koutsoumbas, der Generalsekretär der KKE, wird sprechen, und wenn auch nicht immer unsere Übersetzer dabei sind, hören wir doch immer wieder »Kappa Kappa Epsilon« – KKE – aus den Ankündigungen heraus.

Um halb acht begeben wir uns auf den Platz und verteilen unseren griechischsprachigen Flyer an die bereits sitzenden, älteren Besucher. Anschließend stellen wir uns mit unserem Transparent vor die Bühne: »Solidarity with the Greek working class! No one left alone – for a socialist future!« (»Solidarität mit der griechischen Arbeiterklasse! Niemand wird alleine gelassen – für eine sozialistische Zukunft!«) ist darauf zu lesen. Die bereits sitzenden Zuschauer finden es super und freuen sich über die dadurch zum Ausdruck gebrachte Solidarität.

So langsam strömen immer mehr Menschen auf den Platz, die Stuhlreihen füllen sich und um kurz vor acht kommt Dimitris Koutsoumbas auf den Platz und wird von seinen Genoss_innen und KKE-Anhängern begrüßt. Wenig später kommt aus der Maizonos Straße, die im Nordosten vom Platz abgeht, ein kämpferischer Demonstrationszug der KKE mitsamt den jungen Kommunist_innen der KNE, den kämpferischen Studierenden der Studierendenfront MAS, den Frauen der Frauenorganisation OGE. Die Genoss_innen tragen KKE Fahnen und an der Spitze des Zuges ein kämpferisches Transparent. Der Zug dreht eine Runde über den Platz und stellt sich dann an der rechten Seite der Stuhlreihen auf. Kurz darauf kommt ein zweiter Demonstrationszug aus dem Südwesten, ebenfalls mit einem Hochtransparent an der Spitze des Zuges. Mittlerweile hat sich der Platz gut gefüllt und es bleiben immer mehr Passant_innen stehen und warten gespannt auf den Beginn der Kundgebung.

Eine Lokalabgeordnete der KKE betritt als erste Rednerin die Bühne. Sie betont, dass der Widerstand weitergehen und die Arbeiterklasse Griechenlands weiterhin für ihre Rechte kämpfen muss. Das griechische Volk lasse sich nicht weiter blenden durch angeblich »linke« Regierungen. Syriza habe die objektive Aufgabe, den starken Widerstand gegen das dritte Memorandum abzuschwächen und davon abzulenken, dass es zahlreiche volksfeindliche Maßnahmen enthalte. Nur eine starke kommunistische Partei sei dazu in der Lage die Interessen des Volkes konsequent zu vertreten und an seiner Seite zu kämpfen.

Dann betritt Koutsoumbas die Bühne und betont wie wichtig es sei, dass auch Frauen, Bauern, die kleinen Selbständigen und armen Volksschichten KKE wählen – immerhin haben sich 10 – 20 Prozent des Volkes noch nicht entschieden, wie sie wählen sollen. Leute, die es satt haben in Armut und Arbeitslosigkeit zu leben, sollten endlich kämpferisch ihre Stimme erheben gegen jegliche volksfeindliche Maßnahmen. Es sei egal, welche bürgerliche Regierung an die Macht komme, jede werde im Interesse des Kapitals handeln. Nur eine starke Opposition sei dazu in der Lage gegen das Kapital zu kämpfen.

Er betont, dass auch die »Goldene Morgendämmerung« vorgebe, gegen die Memoranden zu sein, real jedoch nur von der Systemfrage ablenke. Die Faschisten seien verbrecherisch und verantwortlich für den Mord am antifaschistischen Rapper Pavlos Fyssas vor zwei Jahren, für Angriffe auf ägyptische Fischer und klassenbewusste Gewerkschafter der PAME. Es wird klar: niemand soll mit seiner Stimme mitverantwortlich für diese Verbrechen werden.

Natürlich spricht er auch über Syriza: Die Partei von Tsipras stelle sich als fortschrittlich dar, sei aber verantwortlich für die verheerenden Maßnahmen des dritten Memorandums und die sozialen Einschnitte. Im Gegensatz zu Syriza habe sich die KKE als zuverlässige Kraft im Klassenkampf erwiesen – eine Aussage, die keineswegs aus der Luft gegriffen ist wenn man an die zahlreichen sozialen Kämpfe der letzten Jahre denkt, bei denen die KKE eine zentrale Rolle spielte.

Griechenland, so Koutsoumbas weiter, habe die sozioökonomischen Voraussetzungen, um im Bruch mit dem Kapitalismus eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen, was er mit Details zu den griechischen Wirtschaftssektoren unterlegt. Er macht aber auch deutlich, dass die Entscheidung, ob der Vorschlag der KKE Wirklichkeit wird, beim griechischen Volk liegt. Kein »Messias« Tsipras und keine »linke« Regierung könne die Probleme lösen – statt einer Änderung der Regierung brauche es eine Änderung der Machtverhältnisse. Man müsse nicht mit allem übereinstimmen was die KKE sagt um sie zu wählen: wer jedoch die Einschätzung teile, dass die KKE die Interessen und Rechte der Arbeiter_innen konsequent verteidige und gegen die Memorandum und das Kapital kämpfe, der solle die KKE stärken.

Inzwischen ist es dunkel geworden in Patras, aber im Scheinwerferlicht leuchten die Fahnen der KKE weiter. Koutsoumbas Rede wird mit Applaus bedacht, aber wir merken: hier wird nicht dem Redner selber applaudiert, hier kämpfen junge und alte Menschen zusammen für eine andere Gesellschaft jenseits des Kapitalismus. Als Koutsoumbas selbst sich zu uns hinter das Transparent stellt freuen wir uns trotzdem – und werden nochmal von einer Menschentraube umringt und mit einem Blitzgewitter bedacht. Viel wichtiger aber ist, dass wir am Händeschütteln und an den Gesichtern merken, dass die Botschaft ankommt: Unsere Solidarität im Kampf gegen das Kapital und für eine sozialistische Zukunft gilt den griechischen Arbeiterinnen und Arbeitern!

Quelle: SDAJ goes Hellas / RedGlobe