Griechenland wird kaputtgespielt

Parlamentsgebäude in Athen. Foto: Elisabetta Stringhi (CC BY 2.0) Agenturen sprechen von einem »Schwarzen Montag« in Athen. Zwar ist der Vergleich zu jenem »Schwarzen Freitag« von New York, dem bekanntlich die Weltwirtschaftskrise der 30er Jahre folgte, ein wenig weit hergeholt, aber das Wortspiel macht zumindest die Stimmung in Athen deutlich.

Nach etwa einem Monat Pause hat am Montag die Athener Börse wieder geöffnet. Wer sich davon irgendein positives Signal erhoffte, wurde zutiefst enttäuscht. Der Börsenindex Athex Composite brach um 23 Prozent ein, auch am Nachmittag wurden noch minus 17 Prozent angezeigt. Selbst eigentlich erfolgversprechenden Unternehmen wie die Elektrizitätsgesellschaft DEI und das Glücksspielunternehmen OPAP notierten tief im Minus. Drei Banken mußten aus dem Handel ausgeschlossen werden.

Nun sagt ja bekanntlich die Auf- und Ab-Bewegung der Aktienkurse nicht viel über den wirklichen Zustand eines Unternehmens, schon gar nicht über dessen wirklichen Wert und seine Produktion. Allerdings zeigt der Absturz der Athener Börse, daß den Spekulanten die Lust am Glücksspiel mit Aktien griechischer Unternehmen vergangen ist. Es ist offenbar nichts mehr zu holen, und es besteht auch nicht viel Aussicht, daß sich das in der nächsten Zeit ändern wird.

Einer der Gründe für den äußerst miserablen Wochenstart ist, daß die Aasgeier der »Institutionen« wieder einmal über Athen kreisen. Sie sind dabei, der ohnehin bis weit über die Schmerzgrenze hinaus kompromißbereiten Regierung noch weitere Zugeständnisse abzuringen. Einzelheiten sind noch nicht bekannt, es sickerte jedoch durch, daß die Steuerschraube weiter angezogen werden soll. Auch beim Renteneintrittsalter soll noch geschraubt werden, und es gefällt der Herren der »Troika« nicht, daß noch kein Beschluß über die Einstellung der Steuervergünstigungen beim Dieselkraftstoff in der Landwirtschaft gefaßt wurde. Es geht also immer noch darum, den Menschen, die von ihrer Hände Arbeit, von einer Rente oder vom Arbeitslosengeld leben, noch mehr aus den Taschen zu ziehen. Neue Gesetze sollen zudem Streiks verhindern und die Arbeitszeit »liberalisieren«. Übrigens handelt es sich dabei um Maßnahmen, die zu verhindern die Partei des Herrn Tsipras vor und sogar nach den Wahlen schriftlich versprochen hatte.

Auch die Privatisierung von staatlichen Unternehmen und sonstigem Eigentum der griechischen Gesellschaft wollte Syriza nicht zulassen. Deren Chef Tsipras hat nun der Einrichtung eines Treuhandfonds zugestimmt, der durch den Verkauf griechischen Eigentums immerhin 50 Milliarden Euro einbringen soll. Seriöse Ökonomen meinen jedoch, daß es gar nicht möglich sein wird, derartige Werte in den Topf hineinzubekommen, und sie haben noch größere Zweifel, daß Unternehmen auch zu den erträumten Preisen einen Käufer finden. Wie bekannt wurde, kam aus Österreich bereits das deutliche Wort, daß man die griechische Eisenbahn samt Gleisnetz nur mit sehr gutem Willen, und wenn, dann zum Nulltarif übernehmen würde. Mit vielen anderen Angeboten sieht es ähnlich aus.

Die Erfahrungen mit einer anderen Treuhand liegen kein Vierteljahrhundert zurück. Betriebe und anderes Volkseigentum der DDR wurden in einen großen Topf geworfen, aus dem sich jeder Spekulant bedienen konnte. Am Ende waren nicht nur Milliardenwerte buchstäblich in Luft aufgelöst, sondern auch der erwünschte »Beweis« erbracht, daß die Wirtschaft der DDR tatsächlich »marode« war. Die kriselnde BRD-Wirtschaft erlebte einen Auftrieb, auch dadurch, daß zwei Millionen gut ausgebildete DDR-Bürgern ihre Heimat verließen. Die Regierenden in Athen sollten im Geschichtsbuch einfach mal ein paar Seiten zurückblättern.

Uli Brockmeyer, Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek