Feuer und andere Katastrophen

Die jährlich mit unschöner Regelmäßigkeit aufflammenden Brände in Griechenland lenken in diesem Jahr besonders unsere Aufmerksamkeit auf das Land im Süden Europas, das in den bürgerlichen Medien immer wieder gern als »Krisenland« bezeichnet wird. Allerdings steht zu befürchten, daß nach Ablauf der dreitägigen Staatstrauer um die weit über 80 Todesopfer der gewaltigen Feuer von dieser Woche wieder alles seinen gewohnten Gang gehen wird. Dabei sollte eigentlich diese Feuerkatastrophe, über die nach und nach immer mehr schreckliche Details bekannt werden, Anlaß zum Nachdenken geben, vor allem aber Anlaß zum Umdenken.

Es ist ein offenes Geheimnis, daß eine Reihe der Brände der letzten Jahre nicht durch Zufall oder durch Unachtsamkeit entstanden sind. Oft stellt sich hinterher heraus, daß ein Terrain, das Opfer der Flammen geworden war, bald danach ein begehrter Baugrund ist. In dieser Woche häuften sich unbestätigte Meldungen, daß in dem Gebiet, auf dem etwa 50 Kilometer westlich der Hauptstadt Athen gewaltige Feuer wüteten, durchaus interessante Bodenschätze auf den Abbau warten. Darüber wird offiziell kaum gesprochen werden, und wer eventuell von »Brandrodung« spricht, wird sicher rasch als »Verschwörungstheoretiker« abgestempelt werden.

In jedem Fall aber ist es mehr als offensichtlich, daß bei vielen der Brandstellen – nach einer gewissen gebotenen Frist – irgendwelche Spekulanten auftauchen, die darauf hoffen, aus der Nutzung des brach gewordenen Terrains ihren ganz persönlichen Reibach zu machen. In einigen Fällen können es auch größere Spekulanten sein, die werden dann aber »Investoren« genannt. Das ist alles andere als ungewöhnlich, denn in Griechenland werden seit dem Beginn der Krise vor reichlich zehn Jahren immer mehr Geschäfte zur Erzielung von privaten Gewinnen auf den Ruinen von Einrichtungen gemacht, die einst vom Staat errichtet worden waren. Wer lernen will, wie der Kapitalismus in der Praxis funktioniert, findet dort eine Menge Anschauungsmaterial.

Anlaß zum Nachdenken sollte aber auch die Tatsache sein, daß das Ausmaß vieler dieser Brände, und vor allem auch die hohe Zahl der Todesopfer, ein Ergebnis der ungezügelten Kürzungspolitik ist. Die wurde den griechischen Regierungen im Laufe der letzten zehn Jahre durch die sogenannten Geldgeber aufgezwungen, also die Banken und anderen Institutionen, die Griechenland zu einem Kredit nach dem anderen genötigt und damit die hohe Verschuldung mit verursacht haben. Allerdings darf auch an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, daß die aktuelle Regierung unter der Führung der sogenannten Linkspartei SYRIZA diese Politik eifrig fortsetzte und auf die Spitze trieb. Die hatte unter dem »linken Hoffnungsträger« Alexis Tsipras mit vollmundigen Versprechungen die Wahlen für sich entschieden. Man wollte angeblich alles anders machen, und schließlich haben Tsipras und seine Leute bewiesen, daß sie den Kapitalismus noch besser im Interesse der Kapitalisten verwalten können als die Vorgängerregierungen.

Als eine der vielen Folgen davon gibt es heute in Griechenland kaum noch einsatzfähige Berufsfeuerwehren, außerdem ist das Gesundheitssystem derartig kaputtgespart worden, daß auch die Hilfe für Verletzte meist zu spät kommt und zudem unzureichend ist. Abgesehen davon, daß es faktisch keine Pläne für die Reaktion auf derartige Feuerkatastrophen wie in dieser Woche gibt.

Die eigentliche Katastrophe ist also das kapitalistische System, das nur auf Profit und nicht auf die Interessen der Menschen ausgerichtet ist und deshalb auf den Müllhaufen der Geschichte gehört.

Uli Brockmeyer

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek