Lügen für den Krieg

Wohl selten hat sich ein politischer Grundsatz von Hitlers Propagandachef als derartig wirksam erwiesen. Eine Lüge müsse nur groß genug sein und oft genug wiederholt werden, damit sie geglaubt wird, hatte Goebbels einst postuliert. Er selbst hat das viel zu oft praktiziert – bis zu seinem ruhmlosen Ende an der Seite seines Führers.

In den vergangenen Wochen durften wir erleben, wie eine derartige Politik in der Gegenwart Wirkung erzielt.

Da wurden in der britischen Provinz ein früherer Oberst des russischen Geheimdienstes und seine Tochter ohnmächtig auf einer Parkbank gefunden, offenbar unter der Wirkung eines Nervengifts. Die britische Polizei ist weiterhin ratlos, es werde noch Wochen dauern, bis man Licht in die Affäre bringen könne, erklärte Scotland Yard.

Ungeachtet dessen erklärte die britische Premierministerin – bar jeglichen Beweises –, daß der Ex-Geheimdienstmann und seine Tochter Opfer eines Anschlags seien, der unzweifelhaft von Rußland ausgeführt wurde. Ihr Außenminister beschuldigte sogar den russischen Präsidenten persönlich, den Anschlag in Auftrag gegeben zu haben.

Keine Rede davon, welches Motiv Rußland dafür haben könnte und welchen Nutzen Putin von einer solchen unsinnigen Aktion hätte haben können. Allerdings gibt es eine Menge Indizien, daß hier eine Aktion »unter falscher Flagge« inszeniert wurde, die allein dem Westen nützt, nicht jedoch Rußland. Die Reaktionen sprechen unbedingt dafür: die erneute Verteufelung Rußlands in den westlichen Medien – bis hin zu der unsäglichen Behauptung des britischen Außenminister-Darstellers, er sehe Parallelen zwischen der Fußball-WM in Rußland und den Olympischen Spielen von 1936 in Hitlers faschistischem Deutschland –, die wiederentdeckte Freundschaft der Staatenlenker Britanniens, der USA, Frankreichs und Deutschlands, die in einer gemeinsamen Erklärung Rußland verurteilen, und schließlich die zugespitzten Erklärungen der NATO über die »Aggressivität Rußlands« und das Erwägen eines »Verteidigungsfalls« nach Artikel Fünf des NATO-Vertrages.

Von seltener Offenheit sind auch die Äußerungen israelischer Politiker und Militärs, die jetzt endlich zugegeben haben, im Jahr 2007 einen Luftangriff gegen Syrien geflogen zu haben, um dort einen mutmaßlichen Atomreaktor zu zerbomben, von dem angeblich eine akute Gefahr für die Region ausgegangen sei. Abgesehen davon, daß diese »Gefahr« niemals nachgewiesen wurde, wird die öffentliche Aufdeckung des bisher als militärisches Geheimnis behandelten völkerrechtswidrigen Überfalls vor allem genutzt, um eine offene Drohung in Richtung »Erzfeind Iran« auszustoßen.

Ebenso wie seinerzeit Syrien, wird auch dem Iran unterstellt, heimlich Atomwaffen zu bauen – und das ausgerechnet von dem Staat, der als einziger in der Region eigene Atomwaffen besitzt.

Wir haben erlebt, wie die Behauptungen über angebliche Massenvernichtungswaffen im Irak und in Libyen zu vernichtenden Kriegen geführt haben, in beiden Fällen spielten ein Vorgänger der jetzigen Londoner Regierungschefin und israelische Geheimdienste tragende Rollen.

Sowohl die Rußland-Lügen, die auf dem aktuellen EU-Gipfel bekräftigt wurden, als auch die verschärften Vorwürfe und direkten Drohungen gegen den Iran dienen letztlich nur einem einzigen Ziel: Langfristig den Beginn eines neuen heißen Krieg zu begründen und jeglichen potentiellen Widerstand dagegen a priori zu verteufeln und abzuwürgen.

Uli Brockmeyer

 

Aus: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek