Der Weg heraus aus der Defensive ist lang…

In einem Interview in der Tagespresse räumte Premierminister Bettel diese Woche ein, dass die Regierung mit ihrem »Zukunftspak« fast jeden gegen sich aufgebracht habe. Aber, so Bettel, es habe keine anderen Möglichkeiten gegeben. Ist das wirklich so?

Es stimmt, dass die Dreierkoalition mit ihrem, aus propagandistischen Gründen als »Zukunftspak« getarnten Sparpaket und 258 angekündigten Maßnahmen im Jahr 2014 in einer ersten Phase für viel Empörung unter breiten Bevölkerungsschichten sorgte.

 

Einen kurzen Moment lang sah es damals so aus, als könnte eine breite Protestbewegung den »Zukunftspak« und die Koalition aus den Angeln heben. Aber ein Kompromiß, den die Regierung im Dezember 2014 mit den Gewerkschaften über einen kleinen Teil des Sparpakets einging und Umfragen, welche im Falle von Parlamentswahlen eine krachende Niederlage von zwei der drei Regierungsparteien voraussagten, änderten vieles. Die gewerkschaftliche Mobilisierung ließ nach, und die Regierung beschloß, einen Teil des »Zukunftspak« nicht umzusetzen.

Bevor die Dreierkoalition das Sparpaket verkündete und die Erhöhung der TVA beschloss, hatte die vorangegangene CSV/LSAP-Koalition bereits den Index kräftig manipuliert, eine Rentenkürzungsreform beschlossen, ihren Teil zur Einschränkung der Kaufkraft beigetragen und im Wirtschaftsbereich und im Arbeitsrecht eine Politik zugunsten des Kapitals und zu Lasten der Lohnabhängigen betrieben.

Doch auch da hatte es unter den Schaffenden nicht für einen massiven Protest und erst recht nicht für eine Umkehr bisheriger Politik gereicht. Anschließend wurden wohl einige Zugeständnisse erstritten, aber im Endeffekt gab die Regierung nur teilweise mit der einen Hand wieder zurück, was sie zuvor mit der anderen genommen hatte.

Die Forderungskataloge der Gewerkschaften, die während der vergangenen Wochen wieder verstärkt in den Mittelpunkt rückten, machen deutlich, dass der Nachholbedarf sehr groß bleibt, nicht nur im sozialen Bereich und an der Lohnfront.

Ohnehin geht es nicht allein um Nachholbedarf, sondern um Alternativen, die zum Beispiel geeignet sind, das Übel der Arbeitslosigkeit und der Wohnungsnot nicht nur zu verwalten, sondern an der Wurzel zu packen und im Arbeitsrecht, zum Beispiel was die Arbeitszeiten angeht, die Bewegung in Richtung Flexibilisierung und Deregulierung zu stoppen und umzukehren.

Aber der Weg heraus aus der Defensive ist lang wird ohne eine mächtige soziale Bewegung und kämpferische Gewerkschaften, und ohne politische Veränderungen, die auch und vor allem mit einer wesentlichen Stärkung der Kommunistischen Partei einhergehen, kaum möglich sein.

Damit wären wir wieder beim Anfang des Artikels und der Feststellung des Premierministers angekommen, der »Zukunftspak« sei alternativlos gewesen.

Eine solche Behauptung ist natürlich Propaganda und eine Irreführung der Öffentlichkeit. Denn statt die Lohnabhängigen und Rentner zusätzlich zu belasten, wäre es sehr wohl möglich gewesen, das Kapital stärker zur Finanzierung der sozialen und gesellschaftlichen Bedürfnisse heranzuziehen. Allerdings hätte es dazu anderer politischen Vorzeichen bedurft, nicht wahr!

Ali Ruckert

 

Aus: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek