Ein Staatsbesuch, zwei Botschaften

Diese Woche fand ein Luxemburger Staatsbesuch in einem Land statt, das uns ein Kernkraftwerk mit vier Druckwasserreaktoren vor die Nase setzte, das – wenn es denn aus welchen Gründen auch immer in die Luft fliegen würde – unser Land für Hunderte von Jahren unbewohnbar machen wird. Aber das war kein Thema beim Staatsbesuch.

Ohnehin darf man die vor pompöser Kulisse stattgefundene Visite des Luxemburger Staatschefs beim französischen Präsidenten nicht überbewerten, auch wenn es seit 40 Jahren der erste Staatsbesuch eines Großherzogs im Land der Großen Französischen Revolution war.

Wichtiger war wohl, was hinter dem Anlaß steckte, auch wenn der erste luxemburgisch-französische Regierungsrat, der in Paris zusammenkam und zu dem mehr Luxemburger Minister hinfuhren als in Luxemburg zurückblieben, gar nicht zum eigentlichen Programm der Staatsvisite gehörte.

Was sich hinter den Kulissen abspielte, wird man dies- und jenseits der Grenze ohnehin nicht erfahren, denn die Herrschenden geben in vielen politischen und wirtschaftlichen Dingen Dunkelkammern den Vorzug vor Transparenz, besonders dann, wenn ihre eigenen Interessen nicht deckungsgleich sind mit jenen des niederen Volkes.

Immerhin gingen seitens des Großherzogtums zwei Botschaften vom Staatsbesuch in Paris aus. Die erste heißt, dass Luxemburg in Projekte investieren will, welche das tägliche Leben der Grenzgänger verbessern werden, was auch positive Auswirkungen auf die Lebensqualität der einheimischen Bevölkerung haben soll. Es geht um die Schaffung von neuen Infrastrukturen im Bahn- und Straßenverkehr, welche zu weniger Heringen in der Zug-Tonne und kürzeren Staus auf Autobahnen führen … und noch mehr Grenzgänger aus Frankreich nach Luxemburg bringen sollen.

Auf die Idee, die Betriebe, in denen zu 95 oder 100 Prozent französische Grenzgänger arbeiten, in Lothringen anzusiedeln, so dass es gar keine überfüllten Züge und verstopften Autobahnen geben und die Lebensqualität der Lohnabhängigen sich tatsächlich deutlich verbessert würde, kann natürlich keiner kommen, der auf die freie Zirkulation des Kapitals schwört und auf die Maximierung der Profite, die in Privattaschen fließen.

Weil die einzelnen Staaten der EU sich darin überbieten, Konzernen Standorte auf ihrem Territorium mit möglichst niedrigen Kapitalsteuern schmackhaft zu machen, herrscht das kapitalistische Chaos, statt dass – wie das die Kommunisten wollen – planmäßig und im Interesse der Lohnabhängigen von dies- und jenseits der Grenze gehandelt würde.

Die zweite Botschaft, die von der Staatsvisite ausging, ist eine militärische. Statt die Gelegenheit des Besuchs in den Werken des Rüstungskonzerns Airbus zu nutzen, um das Pannen-Militärflugzeug A400M, das allein für die Anschaffung mehr als 200 Millionen Euro kosten wird, abzubestellen, wurden neue Verträge für fünf Militärhelikopter und eine Reihe von Drohnen unterschrieben.

Nach dem Kauf des A400M, dem Bau eines Militärsatelliten und der Anschaffung von militärischen Drohnen und Tankflugzeugen, ist dies ein weiterer Schritt in Richtung Militarisierung, mit dem sich die Luxemburger Regierenden als gelehrige Schüler des Lissabon-Vertrags der EU und als stramme Anhänger des Rüstungskurses der NATO profilieren können.

Aber auch das ist nicht im Sinne der französischen Grenzgänger und der einheimischen Lohnabhängigen. Denen wäre mehr damit gedient, wenn – wie das die Kommunisten fordern – die Hunderte von Millionen, die zu militärischen Zwecken verpulvert werden, in die Schaffung von Arbeitsplätzen und den Bau von Wohnungen investiert würden.

Ali Ruckert

 

Aus: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek