Keine »Highlights« für die Schaffenden

Für die Schaffenden entpuppten sich die von Regierungssprecher Jacques Thill angekündigten »Highlights« im Koalitionsabkommen von DP, LSAP und Déi Gréng als trübe Funzeln.

Achteinhalb Jahre nachdem die Salariatskammer eine Studie zu »Pauvreté monétaire, inégalité et conditions de vie« veröffentlicht hat, die zu dem eindeutigen Schluß kommt, der Mindestlohn müsse um mindestens 21 Prozent erhöht werden, damit er vor einem Abrutschen unter die Armutsschwelle schützen kann, soll er nun also um 100 Euro netto pro Monat erhöht werden. Die laut Salariatskammer seit achteinhalb Jahren überfällige Mindestlohnerhöhung hätte hingegen 430 Euro betragen.

Zwölf Jahre ist es mittlerweile her, daß die damalige Regierung aus CSV und LSAP Kindergeld und Kinderboni desindexiert hat. Zwar haben die Koalitionsunterhändler nun angekündigt, die Familienleistungen würden bis zum Ende der Legislatur – also bis Ende des Jahres 2023 – wieder an die Inflation gekoppelt, doch der deutliche Wertverlust, dem die Familienleistungen seit dem Jahr 2006 unterlagen, soll nicht ausgeglichen werden.

In der Broschüre, mit dem der OGBL für ein »Sozialpaket für Luxemburg« geworben hat, heißt es dazu: »Dieser Wertverlust hat schon (von 2006 bis 2014) schwere Einbußen für die Familien mit sich gebracht, und zwar etwa 20 Prozent was die Familienleistungen und 16 Prozent, was die Kinderboni betrifft.«

Corinne Cahen, die in den sechs Wochen der Koalitionsverhandlungen die DP-Delegation anführte, beeilte sich bei der Präsentation des fast fertigen Koalitionsabkommens zu erklären, um hiesige Unternehmen »nicht zu schwächen«, werde sich der Staat die Mindestlohnerhöhung mit dem Patronat »teilen«, nach welchem Teilungsschlüssel sei noch nicht ausgemacht.

Eine weitere Ungerechtigkeit, die seit Jahren nicht nur von den Gewerkschaften kritisiert wird, ist der Umstand, daß das Kapital immer stärker steuerlich entlastet, und die Schaffenden entsprechend immer mehr belastet wurden. Dazu heißt es in der bereits angeführten OGBL-Broschüre, im Jahr 2000 hätten die Unternehmen noch zu über 38 Prozent zu den Hauptsteuereinnahmen des Staates beigetragen, 2014 hingegen nur noch zu weniger als 24 Prozent.

Auf der anderen Seite der kapitalistischen Medaille mußten die Schaffenden, die im Jahr 2000 mit der von ihnen bezahlten Lohnsteuer zu knapp über 30 Prozent zu den Hauptsteuereinnahmen beitrugen, im Jahr 2014 bereits fast 37 Prozent der Hauptlast in Form von Lohn- und Solidaritätssteuer schultern.

Wenn »die Steuerlast für die Betriebe«, wie Frau Cahen sich ausdrückte, nun abermals um einen Prozentpunkt gesenkt und außerdem die Grenze, bis zu der Betriebe nur 15 Prozent Steuern zu entrichten haben, von 125.000 auf 175.000 Euro pro Jahr angehoben wird, würde die Verteilung der Steuerlast zwischen Kapital und Arbeit noch ungerechter. In seiner Broschüre spricht der OGBL in diesem Zusammenhang von »einem der schlimmsten Widersprüche unseres Steuersystems«.

Nicht zu vergessen, daß die Schaffenden als Endverbraucher auch noch den größten Teil der sogenannten Mehrwertsteuer bezahlen müssen, deren Anteil an den Hauptsteuereinnahmen sich von 31 Prozent im Jahr 2000 auf fast 40 Prozent 2014 erhöhte. Mit der am 1. Januar 2015 in Kraft getretenen TVA-Erhöhung der Dreierkoalition dürfte dieser Anteil seitdem weiter zugelegt haben.

Oliver Wagner

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek