Nur Jägerlatein?

Vor einer Woche schaltete der Präsident der »Fédération St-Hubert des Chasseurs du Grand-Duché de Luxembourg« in der Zeitung des Bistums eine Anzeige für die Gründung einer »überparteilichen Bewegung«. Allein für den Preis der Anzeige müssen Mindestlohnbezieher während zweieinhalb Monaten arbeiten.

Ausdrücklich bezieht er sich in der Anzeige unter dem Titel »Eng iwwerparteilech Beweegung fir Lëtzebuerg« auf die französische Bewegung »En Marche!« von Emmanuel Macron. Man wolle die Werte-Charta der Bewegung »En Marche« auf Luxemburger Verhältnisse übertragen, »typisch Luxemburger Themen« wie »Absicherung unseres Wohlstands« dürften nicht zu kurz kommen, hieß es in dem Aufruf.

Nun ist Frankreich nicht das einzige Land auf unserem Kontinent, in dem während der vergangenen Jahre »überparteiliche Bewegungen« gegründet wurden, an deren Spitze Millionäre stehen (weitere Beispiele sind Tschechien Andrej Babiš und in der Ukraine Petro Poroschenko).

In keinem der bekannten Fälle war es »das Gemeinwohl«, das zur Gründung von solch »überparteilichen« Bewegungen führte, sondern es waren handfeste Interessen – allerdings nicht die der Lohnabhängigen.Die Krise des Kapitalismus, die seit der Finanzkrise von 2008 immer breitere Gesellschaftsbereiche umfasst, legte offen, dass die traditionellen bürgerlichen Parteien nicht mehr oder nur noch zum Teil in der Lage sind, die Interessen des Groß- und Finanzkapitals zu gewährleisten.

Einher ging diese Entwicklung mit einem starken Vertrauensverlust und oft mit herben Verlusten bei Parlamentswahlen. Das trieb die Denkwerkstätten des Kapitals dazu an, nach Alternativen Ausschau zu halten. Die französische Bewegung »En Marche!«, die von Unternehmern und Führungskadern durchsetzt ist, und ihr Chef Macron, der als »Modernisierer« dargestellt wird, sind Kinder dieser Ideenwerkstätten von Teilen des französischen Finanzkapitals.

Ihre Aufgabe ist es, dazu beizutragen, den Kapitalismus aus der Krise herauszuführen, ihm neue Glaubwürdigkeit zu verschaffen, und gleichzeitig die Interessen der Kapitalkreise, die hinter ihnen stehen, zu bedienen. Es gilt, alles zu ändern – wenn möglich ausschließlich auf dem Buckel der Lohnabhängigen (wie das gegenwärtig zu Lasten der Eisenbahner geschieht) –, damit für die Herrschenden alles beim Alten bleiben kann.

Sind die Krisenerscheinungen in Luxemburg soweit fortgeschritten, ist das Vertrauen in die traditionellen bürgerlichen Parteien, einschließlich der Sozialdemokraten, so weit geschwächt, dass eine Bewegung à la Macron im Marienland als Retter in der Not erscheinen und Erfolg haben könnte? Oder soll sie als U-Boot dienen, um eine absolute Mehrheit der CSV zu verhindern? Immerhin ist ihr Aushängeschild nicht nur in Jägerlatein bewandert, sondern auch ein großer Bewunderer des neoliberalen LSAP-Spitzenkandidaten Etienne Schneider. Auch der hatte sich vor einiger Zeit in einem schwachen Moment, in Vorahnung auf das nächste Wahldebakel der LSAP, als Anhänger einer »überparteilichen Bewegung« von Sozialdemokraten und Liberalen aller Schattierungen geoutet.

Die kleinen und mittleren Einkommensbezieher und Rentner sollten sich nicht von solch politischen Spielchen beirren lassen, die im Endeffekt immer nur den Interessen der Herrschenden dienen. Sie sollten stattdessen die Kommunisten stärken. Eben weil sie ganz parteilich die bestehenden Ungerechtigkeiten aufzeigen, konsequent die Interessen der Lohnabhängigen verteidigen und ein für alle mal mit dieser Ausbeutergesellschaft Schluss machen wollen.

Ali Ruckert

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek