So kann es nicht weiter gehen

Statistiken, die sich über Jahre mit den Bewegungen auf dem Arbeitsmarkt befassen, gibt es hierzulande kaum. Jedenfalls sind uns solche nicht bekannt.

So dass man sich nur schwer ein Bild darüber machen kann, in welchen Sektoren die Fluktuationen am größten waren, wo echte oder nur fiktive Arbeitsplätze geschaffen wurden, was mit Arbeitsuchenden geschah, die über die ADEM an Betriebe vermittelt wurden, dort jedoch, nachdem sie während Monaten als billige Arbeitskraft ausgebeutet wurden, keine feste Anstellung erhielten.

Auch nach genauen Zahlen, wo und wie viele Arbeitsplätze in Wirklichkeit allein infolge der kapitalistischen Finanz- und Wirtschaftskrise abgebaut wurden, sucht man vergeblich. So lange dies der Fall ist, bleibt der Verdacht erhalten, dass viele Firmen die Krise rücksichtslos dazu nutzen, die Lohnmasse zu senken, um über diesen Weg den Profit zu maximieren.

Tatsache ist, dass die Löhne seit Jahren stagnieren, die Schaffenden zunehmend über Reallohnverluste klagen. Vielerorts wurden Einstiegslöhne gekürzt, Lohntabellen, die Betriebszugehörigkeit und Berufserfahrung berücksichtigen, außer Kraft gesetzt, Prämien gestrichen, Überstunden immer seltener als solche vergütet.

Hinzu kommt, dass neue Arbeitskräfte zunehmend mit zeitbegrenzten Verträgen (CDD) statt der früher üblichen unbefristeten Verträgen (CDI) eingestellt werden. Für die Zukunft planen können diese Menschen nicht, zumal die Praxis zeigt, dass viele dieser Arbeitsverträge entweder schon während der Probezeit oder direkt nach Ablauf der Vertragsdauer gekündigt werden. Eine Vorgehensweise, die nicht nur dazu dient, den Druck auf die gesamte Belegschaft massiv zu erhöhen, sondern auch zur Folge hat, dass – trotz Kollektivvertrag – ein immer größerer Teil der Belegschaft mit Niedriglöhnen abgespeist werden kann.

Doch nicht allein die stagnierende oder gar degressive Lohnentwicklung macht den arbeitenden Menschen immer schwerer zu schaffen. Auch die Arbeitsbedingungen haben sich zusehends verschlechtert. So haben wachsende Flexibilität und maximale Deregulierung der Arbeitszeitorganisation inzwischen Formen angenommen, dass es sowohl den 8-Stundentag wie auch die 40-Stundenwoche in vielen Sektoren kaum noch gibt. In vielen Betrieben sind die Posten heute dermaßen knapp berechnet, dass Überstunden und Mehrarbeiten praktisch zur Normalität geworden sind, Beruf, Familie und Freizeit kaum noch zu vereinbaren sind.

Doch damit nicht genug. Es mehren sich die Beschwerden, dass das Patronat immer willkürlicher auch über Ruhepausen, Ruhetage und Urlaubstage seiner Mitarbeiter verfügt. Es soll sich nämlich nicht mehr nur um Einzelfälle handeln, dass Beschäftigte, die in den Augen ihres Vorgesetzten nicht ausreichend ausgelastet sind, einfach nach Hause geschickt werden, und die aufgezwungenen Fehlstunden als Urlaub verrechnet bekommen.

Beispiele, die in aller Deutlichkeit belegen, dass sich die Arbeitsbedingungen in den letzten Jahren massiv verschlechtert haben. Dies darf so nicht weiter hingenommen werden. Es muss ein für allemal Schluss damit sein, dass Lohnabhängige weiter teuer für eine Krise zahlen müssen, die sie nicht verschuldet haben.

gilbert simonelli

 

Aus: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek