Wenn die Profitmaximierung das Maß aller Dinge ist

Mit viel Wirbel kündigte die Post vor einer Woche an, sie werde am Hauptbahnhof in Luxemburg einen neuen, acht Stockwerke hohen Hauptsitz bauen. Es ist eines der Immobilien-Projekte, mit denen die Post-Gruppe, die im Besitz des Staates ist, die Strategie verfolgt, das Personal auf weniger Standorte zu konzentrieren.

Dagegen ist wohl nichts einzuwenden, aber diese Konzentrationsstrategie ist alles andere als angebracht, wenn es um bürgernahe postalische Dienstleistungen geht.

Weitaus weniger Wirbel macht die Postdirektion daher, wenn sie mit dem Segen der Regierung quer durchs ganze Land Postfilialen schließt und Produkte der Post in Regale von Supermärkten und Tankstellen auslagert, ohne dass dafür aber die ganze Produktpalette zu finden ist, die zuvor von qualifizierten Postangestellten in Postbüros angeboten wurde. So weit bekannt, soll die Zahl der Postfilialen bis 2025 auf knapp 25 reduziert werden.

Das ist zwar weder im Interesse der Postangestellten noch der Kunden, wird aber dennoch durchgeführt, weil »die Profitmaximierung das Maß aller Dinge ist«, wie es in der Zeitung der Briefträgergewerkschaft im Dezember 2017 hieß.

Es soll nicht verheimlicht werden, dass schwer dagegen anzukommen ist, da die Postdirektion sich der sogenannten Salami-Taktik bedient und die Schließungen nach und nach vornimmt, wobei die Bevölkerung immer nur kurzfristig über bevorstehende Schließungen in Kenntnis gesetzt wird.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Ernst der Lage offenbar nicht überall richtig erkannt wird oder nicht erkannt werden will, und die Gewerkschaftsbewegung und die Politik die Bréifdréieschgewerkschaft bisher weitgehend allein ließen, sieht man einmal davon ab, dass die Konsumentenschutzvereinigung UCL und einige wenige Bürgermeister und Gemeinderäte sich gegen Filialschließungen aussprachen, während die KPL einzelne Protestaktionen vor Postfilialen durchführte.

Das alles ist aber nur ein Vorgeschmack auf das, was an Verschlechterungen anstehenden könnte, wenn 2019 vor dem Hintergrund der EU-weiten Liberalisierung der Universaldienst, der ein Mindestangebot an Postdienstleistungen, die flächendeckend in einer bestimmten Qualität und zu einem erschwinglichen Preis erbracht werden, neu verhandelt wird. Hier geht es um die durchschnittlichen Brief- und Paketlaufzeiten, die Frequenz und die Modalitäten der Zustellung und deren Finanzierung.

Auch in diesem Fall wird nicht die Qualität öffentlicher Dienstleistungen im Mittelpunkt stehen, sondern die Profitmaximierung wird erneut das Maß aller Dinge sein – dank der Liberalisierung, die von allen Sektionen der bürgerlichen Einheitspartei im Parlament und in der Regierung gutgeheißen wurde und die dazu führen wird, dass der Universaldienst öffentlich ausgeschrieben wird.

Daher ist nicht auszuschließen, dass die Post im kommenden Jahr mit Staatsunternehmen aus unseren Nachbarländern oder Privatkonzernen um den Universaldienst konkurrieren muß. Der Sozialabbau und die Einsparungen bei der Post stehen damit in engem Zusammenhang.

Die Gefahr ist daher groß, dass es für die Postkunden zu weiteren Verschlechterungen kommen wird, falls es nicht zu massivem Widerstand kommen sollte. Der darf sich aber nicht nur gegen einzelne Verschlechterungen oder Einschränkungen richten, sondern muss dieses gesamte neoliberale kapitalistische System in Frage stellen, das die Garantie dafür liefert, dass Konzerne nicht nur im Postbereich Maximalprofite auf Kosten der Beschäftigten und der Qualität öffentlicher Dienstleistungen machen können.

Ali Ruckert

 

Aus: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek