Der Kampf um private Daten

Als bekannt wurde, daß auch hierzulande neben den üblichen »Casier juridiciaire«-Daten, die man sich bei der zuständigen Stelle abholen kann, wenn es etwa darum geht, Bewerbungen zu schreiben, bei der Polizei auch eine geheime Liste über Bürger geführt wird, gegen die nicht einmal ermittelt wurde, schlugen die Wellen im Ländchen hoch. Der Druck auf Justizminister Braz, sich dazu zu äußern, wächst und Polizeiminister Bausch verweist an die Datenschutzkommission, auf daß diese sich des Themas annehme. Offenbar war es für sehr viele Menschen hierzulande nicht vorstellbar, daß geheime Datensammlungen von Bürgern auch im beschaulichen Luxemburg angelegt werden und nicht etwa nur in Ländern, deren Regierungen ihrer Bevölkerung weit weniger über den Weg trauen.

Klar ist, daß es sich dabei um einen handfesten Datenskandal handelt, der Konsequenzen nach sich ziehen muß. Insbesondere mit Rückblick auf das erst im vergangenen Jahr in Kraft getretene Datenschutzgesetz. Interessant ist in diesem Zusammenhang unter anderem auch das Herumrudern des Piraten-Abgeordneten Clement am Donnerstagmorgen im Radio. Als Vertreter der Partei, welche, bevor sie »déi mam Mupp«(Zitat radio 100,7) wurde, den Datenschutz für Bürger groß auf ihre Totenkopffahnen geschrieben hatte, gab er sich auffallend diplomatisch und mahnte zum Abwarten.

Doch ganz im Ernst: Wundert diese Enthüllung noch? Es dürfte, vor allem im Zeitalter der Digitalisierung, ohnehin noch viel mehr Privates in den Händen des Staates landen, wie die Diskussion um die Auswertung von Daten aus Smarthome-Geräten in Deutschland zeigt. Das vernetzte Zuhause birgt allerdings auch von nichtstaatlicher Seite eine nicht zu unterschätzende Gefahr.

Vor nicht allzu langer Zeit wurde bekannt, daß Angestellte von Amazon so einiges zu hören bekommen, was Nutzer in ihren vier Wänden mit »Alexa« und Konsorten so plaudern oder aber auch nur in der Nähe der Geräte privat besprechen. Die Ökonomin Shoshana Zuboff spricht in einem Artikel dazu von Überwachungskapitalismus, welcher die Gesellschaft in Gefahr bringe, weit hinaus über bisherige kapitalistische Aktivitäten zur Gewinnmaximierung in diese Richtung. Ihrer Ansicht nach werden menschliche Erfahrungen für den Markt beansprucht und in Datenform analysiert. Dabei diente ein großer Teil dieser Daten nicht zur Produktverbesserung, sondern als kostenlose Quelle zur Erforschung des Verhaltens und zum Steigern von Produkt-Absätzen.

Der gläserne Bürger ist also längst auf dem Wege, Realität zu werden. Geht es den einen Durchleuchtern im »harmloseren« Fall nur darum, unsere Vorlieben für Shampoos, Musik oder Autos herauszubekommen, um uns entsprechend mit Reklame vollzustopfen, können andere Stellen sensible Informationen nutzen, um unliebsame Kandidaten aus Bewerbungskandidaten auszusortieren oder sonst wie zu diskriminieren.
Das Thema Datenschutz gehört also nicht als Lappalie abgetan. Dazu gehört neben aller Empörung über das aktuell Geschehene aber auch eine Schärfung des Bewußtseins, sich in der zunehmend digitalisierten Welt vorsichtig zu bewegen.

Christoph Kühnemund

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek