Konterfei und Murkserei

Als am Dienstagabend die »Roten Löwen« ihr Länderspiel im Rahmen der EM-Qualifikation gegen Serbien mit 1:3 verloren, wurde der Ordnungsdienst im Anschluß wieder einmal zur Zielscheibe. Er soll nicht verhindert haben, daß serbische Anhänger aus Zürich eine Zaunfahne mit dem Konterfei des Attentäters Gavrilo Princip am Zaun anbrachten. Princip beging am 28. Juni 1914 in Sarajevo den Mordanschlag auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand und dessen Ehefrau Sophie, was immer noch als »Auslöser« für den 1. Weltkrieg gesehen wird, obwohl es eher ein »Startschuß« für den bereits von langer Hand vorbereiteten und regional bereits begonnenen Weltenbrand war.

Ja, der Ordnungsdienst bei Länderspielen ist in vielerlei Hinsicht kritisierenswert und bereits beim Spiel gegen die Ukraine wurde beim Zeigen des Konterfeis des ukrainischen Nazi-Kollaborateurs Stepan Bandera schon einmal nicht gehandelt, doch wird zum Erkennen dieser Konterfeis auch eine gewisse historische Allgemeinbildung vorausgesetzt. Während solcherlei politische Botschaften unbehelligt hängen dürfen, werden allerdings Transparente mit sportlichem Inhalt oft verboten. Beim Europapokalspiel zwischen dem F91 Düdelingen und dem FC Ararat wurde ein Plakat mit einer Botschaft für einen Spieler abgehängt. Über serbische Plakate zum abgetrennten Kosovo, einem Land, das nicht einmal von allen EU-Staaten anerkannt ist und auffallend rasch UEFA- und FIFA-Mitglied wurde, fehlt hier der Platz.

Diese ganzen Punkte spiegeln aber nur ein großes Problem wider, welches sich bei jeder Fußball-Veranstaltung höherem Ranges in diesem Land wiederholt: Eine veraltete Organisation und Infrastruktur. Klar, das neue Stadion kommt. Aber die Geburtswehen sind so typisch luxemburgisch, wie sie nur irgend sein können: Eine unglaubliche Fehlplanung mit aberwitzigen Details und Mehrkosten in Millionenhöhe. Und das in einem Land, wo Fußball, insbesondere in der Hauptstadt, nach wie vor den Status eines lästigen Stiefkindes innehat. Es ist nicht nur der Ordnungsdienst, der unprofessionell wirkt: Länder, wie Malta oder San Marino machen uns längst etwas vor in Sachen Organisation. Daß bei einem EM-, oder WM-Qualifikationsspiel überteuerte Kartoffelchips vom Discounter, alkoholfreies Bier oder Brühwurst im Plastikbecher verkauft werden, hört sich für Außenstehende absurd an.

Und das neue Stadion hat nicht nur einen schwere Geburtsweg, auch seine Zeugung war bereits ein Drama: Der damalige UEFA-Präsident Michel Platini reiste eigens an die route d’Arlon, um den Verantwortlichen der Stadt und des Verbandes ultimativ anzudrohen, dieser Bruchbude, dem mittlerweile schäbigsten Nationalstadion in ganz Europa, endgültig internationale Begegnungen zu verweigern, wenn nicht endlich ein neues Stadion auf den Weg gebracht würde.

Man kann die UEFA für vieles kritisieren, nicht aber dafür, Luxemburg hier die Pistole auf die Brust gesetzt zu haben. Während Liechtenstein oder gar Mazedonien mit modernen Stadien aufwarten können, schießen hierzulande Einkaufszentren in Windeseile aus dem Boden – zu einem neuen Stadion aber konnte man sich nur schwer durchringen.
Vermutlich auch, weil die »Roten Löwen« unter einem Imageproblem leiden. Im Internet tummeln sich die Hobbytrainer und nörgeln, während eine Handvoll Unentwegte im Stadion die Mannschaft unterstützt. Gewinnt das Team, war es Glück, verliert es, dann wird noch mehr gegen das neue Stadion geschossen. Keine Kritik allerdings kommt bei millionenschweren Ausgaben für Militär oder Religionsgemeinschaften.

Der Fußball und seine auch hierzulande durchaus vorhandene Fankultur sollten nicht länger wie ein Stiefkind behandelt werden.

Christoph Kühnemund

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek