Opfer von Insolvenzen besser schützen

Wenn aus Regierungs- und Wirtschaftskreisen auch immer wieder zu hören ist, die Krise sei überstanden, so drehte der Pleitegeier nichtsdestotrotz auch letztes Jahr erfolgreich seine Runden über Luxemburg. Mit 1.198 Firmenpleiten erreichte die Anzahl der Konkurse 2018 sogar einen absoluten Höchststand. Im Vergleich zu 2017 lag der Anstieg bei 27,81 Prozent. Trauriger Spitzenreiter war der breitgefächerte Dienstleistungsbereich mit 882 Insolvenzen, gefolgt vom Sektor Handel mit 254 Pleiten.

Meldet eine Firma Konkurs an, so sind es immer die die dort beschäftigten Lohnabhängigen, die am schlimmsten betroffen sind. Sie verlieren nämlich nicht nur ihren Arbeitsplatz, sondern müssen darüber hinaus meistens auch noch eine längere Zeit ohne Einkommen ausharren. Das Superprivileg, eine von den Gewerkschaften erkämpfte Entschädigung, die den Leidtragenden Geldleistungen vom Beschäftigungsfonds in Höhe von bis zu maximal sechs Mindestlöhnen garantiert, gelangt nämlich meistens erst nach Monaten zur Auszahlung. Erschwerend hinzu kommt, dass das Anrecht auf Arbeitslosengeld erst drei Monate nach der gerichtlichen Verkündung der Insolvenz in Kraft tritt.

Besonders schlecht ist es wieder um jene bestellt, die keine Reserven haben, um sich in den Monaten, in denen sie ohne Einkommen auskommen müssen, über Wasser zu halten. Was ohne finanziellen Beistand von Familie oder Freunden kaum möglich ist. Zumal den Konkursen in den meisten Fällen Monate vorausgehen, in denen den Mitarbeitern die ihnen geschuldeten Löhne vorenthalten oder nur mehr teilweise ausbezahlt werden.

Mit der Folge, dass viele recht schnell nicht mehr ein noch aus wissen. Wie zahle ich meinen Kredit ab, womit zahle ich Miete, anstehende Rechnungen für Strom, Wasser und Müllabfuhr? Wie schaffe ich es, meine Familie zu ernähren, meine Kinder zu kleiden? Alles Fragen, auf die sie nur schwer eine Antwort finden. Es wachsen die Sorgen, dass einem die Wohnung gekündigt werden könnte, der Strom abgeschaltet wird.
Kein Wunder also, dass viele der Leidgeprüften recht schnell mit den Nerven am Ende sind. Besonders wenn sie, zusätzlich zu den finanziellen Problemen, auch noch vom nur schwer zu ertragenden Gefühl geplagt werden, nicht mehr gebraucht zu werden, überflüssig zu sein, ausgedient zu haben. Wer sich in solchen Situationen nicht auf den moralischen Beistand von Familie und Freunden stützen kann, riskiert in ein tiefes Loch zu fallen, aus dem es so schnell kein Heraus mehr geben dürfte.

Damit muss ein für allemal Schluss sein. Den seit Jahren gemachten leeren Versprechen müssen Taten folgen, das Insolvenzgesetz muss endlich reformiert werden.
Und zwar in einer Form, dass den Betroffenen künftig der von vielen als erniedrigend empfundene Weg zum Sozialbüro erspart bleibt. Bei der Gesetzesreform sollte es deshalb in die Richtung gehen, dass Lohnrückstände automatisch über einen zu schaffenden Fonds ausgezahlt werden – gespeist werden sollte er vom Staat und von den Betrieben (je nach Profit) – , und Vorschüsse des geschuldeten Superprivilegs unbürokratisch und auf schnellstem Weg vom Beschäftigungsfonds beglichen werden.
Das Schaffen einer staatlichen Auffanggesellschaft, die Firmen, die ohne eigenes Verschulden in Konkurs getrieben wurden, Möglichkeiten zur Rekapitalisierung anbieten könnten, um über diesen Weg »Know-how« und Arbeitsplätze zu erhalten, wäre ein weiterer Schritt in die richtige Richtung.

gilbert simonelli

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek