Privatisierung der Postdienste nutzt nur den Aktionären und Managern

Als EU-Kommissionspräsident Juncker noch luxemburgischer Premier war, behauptete er stets, Gegner einer »wilden Privatisierung« der Postdienste zu sein und versicherte immer wieder, er werde eine »grenzenlose Deregulierung« verhindern. Doch genau das haben die aufeinanderfolgenden Regierungen aus CSV, DP, LSAP und nun auch Déi Gréng getan. Die Hauptstoßrichtung der im Regierungsauftrag handelnden Postdirektion war und ist es, Beschäftigte in der Staatslaufbahn Schritt für Schritt durch Mindestlohnbezieher zu ersetzen.

Dem setzte die KPL schon vor neun Jahren ihre leider bis heute aktuell gebliebene Kampagne »Bréifdréier, Postbüroen an Universaldéngscht erhalen!« entgegen. Im Rahmen dieser Kampagne berichteten belgische, deutsche und niederländische Kommunisten von den katastrophalen Konsequenzen, die die von der EU dekretierte und von den jeweiligen Regierungen ihrer Mitgliedstaaten umgesetzte Liberalisierung im Postbereich für die Beschäftigten wie für die Kunden hat.

Weil die Regierungen in Belgien, Deutschland, Luxemburg und den Niederlanden alle in die selbe falsche Richtung der Privatisierung marschierten und bis heute marschieren, appellierten PTB, DKP, KPL und NCPN schon damals an die Gewerkschaften und die Bevölkerung, sich gegen die Schließung von Postämtern, die Demontage von Briefkästen, die Zerschlagung der Postbeamtenlaufbahnen und Sozialabbau zu Lasten der jungen Generation gemeinsam zu wehren.

Indem die KPL so die Folgen der »wilden Privatisierungen« in Luxemburgs Nachbarschaft aufzeigte, sprach sie sogleich eine Warnung für hiesige Postmitarbeiter und Kunden aus. So wurde darauf hingewiesen, daß der Umbau der Deutschen Bundespost in den für Aktionäre und Manager höchst profitablen Logistikweltkonzern Deutsche Post DHL mit dem Abbau von weit über 100.000 Arbeitsplätzen in den traditionellen Postgeschäftsbereichen am »Standort Deutschland« sowie mit deutlichen Einschränkungen bei der Betreuung von Privat- und kleinen Geschäftskunden einherging.

Als abschreckendes Beispiel wurde die bayerische 40.000-Einwohner-Stadt Ansbach genannt, wo nach ihrer Zerschlagung 1994 noch 680 Frauen und Männer bei der damaligen Bundespost arbeiteten. In den folgenden zweieinhalb Jahrzehnten überlebte noch nicht einmal jeder dritte dieser begehrten Arbeitsplätze, was mit einer drastischen Reduzierung der Briefkästen und der Schließung von 55 der einstmals 58 Postbüros in Ansbach und Umgebung einherging.

Das ehemalige Post- und Telekomunternehmen der Niederlande wurde bereits 1989 privatisiert und 1998 aufgespalten, die letzten vom Staat gehaltenen Aktien wurden 2006 verscherbelt und zum Schuldenabbau verwendet. Von den zunächst drei Konkurrenten der an der Amsterdamer Börse notierten PostNL sind nach der Übernahme der DHL Global-Tochter Selekt Mail nur noch Sandd und Netwerk VSP übrig. Wobei letztere eine 100-prozentige PostNL-Tochter ist. Weil ihre Mitarbeiter nur noch zwei Mal pro Woche auf Tour gehen und weil sie nicht festangestellt sind, betragen die Arbeitskosten beim selbstgeschaffenen Konkurrenten nur sechs bis acht Euro pro Stunde.

Auch in Belgien war die vollständige Liberalisierung des Postmarktes zum 1. Januar 2011 ein Jackpot für die Aktionäre. Die Dividende für die Bpost-Aktie wurde mehr als versechsfacht.

Abgesehen von den Couponschneidern müßte sich eigentlich jeder mit den Zielen der KPL-Kampagne einverstanden erklären können. Nun kommt es darauf an, sich öffentlich zu Briefträgern, Postbüros und Universaldienst zu bekennen.

Oliver Wagner

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek