Vorläufiges Ende einer Hexenjagd

Ganz überraschend kündigte der Differdinger Bürgermeister Roberto Traversini (Déi Gréng) am gestrigen Freitag den Rücktritt von seinem Posten an. In der Gemeinderatssitzung von Mittwoch dieser Woche hatte er noch bekräftigt, dass er weitermachen, aber in anderen Bereichen kürzer treten und Verantwortungen abgeben werde.

Was in den nachfolgenden 36 Stunden zu einem Sinneswandel führte, entzieht sich unserer Kenntnis, aber es ist nicht ausgeschlossen, dass der Bürgermeister die Hexenjagd, der er ausgesetzt war, nicht länger ertragen konnte und eine Kurzschlussreaktion die Folge war, es sei denn, es gab hinter den Kulissen zusätzliche politische Manöver, die weit über seine Person hinausgingen. Die nächsten Tage dürften darüber Aufschluss geben.

Traversini hatte mehrere Verfehlungen zugegeben, sich dafür entschuldigt und erklärt, er sei bereit, dafür Verantwortung zu tragen, auch vor Gericht, sofern das anstehen sollte. Auch hatte er glaubwürdig dargelegt, nicht gewusst zu haben, dass das Gartenhaus auf seinem Anwesen, wenn auch nur knapp, im Naturreservat »Prënzebierg« liegt.

Aber das war nur der Aufhänger für das Sommertheater, das DP, Déi Lénk und LSAP aufführten, denn es ging von Anbeginn einzig und allein darum, den Kopf von Traversini zu fordern, für »kriminelles Vorgehen«, wie es die DP formuliert hatte, die auf Revanche aus ist für die Kanterniederlage bei den letzten Kommunalwahlen.

Dass die meisten Lügen, Halbwahrheiten und Unterstellungen in der letzten Gemeinderatssitzung widerlegt und entkräftet wurden, ging seither in der allgemeinen Aufregung unter. Müßten nun nicht ihrerseits jene Inquisitoren und Saubermänner, die von kriminellem Vorgehen sprachen und sich als Ankläger und Richter aufspielten, zurücktreten?

Es ist bekannt, dass die KPL und ihr Gemeinderat – auch wenn sie politische Gegner des Bürgermeisters und der Koalition sind und bleiben – sich geweigert hatten bei der von den Oppositionsparteien angezettelten Hetzjagd mitzumachen, gleichzeitig aber die Verfehlungen des Bürgermeisters kritisiert und klargestellt hatten, dass Traversini etwaige juristische Folgen zu tragen habe.

Aber in diesen rauen Zeiten gelten Anstand und fairer, wenn auch harter politischer Schlagabtausch offenbar zunehmend als altmodisch, während selbsternannte politische Saubermänner und anonyme Mobber die Lufthoheit gewinnen. Und während vergleichsweise kleine Verfehlungen aufgebauscht und kriminalisiert werden, werden tatsächliche Vergehen zur Normalität erklärt und gesetzlich geschützt. Unter diesen Umständen wiegen Arbeiten an einem Gartenhäuschen in einem Naturreservat natürlich schwerer als das Schlagen einer kilometerlangen 20 Meter breiten Schneise in einem Natura 2000-Gebiet, damit Luxemburg an das französische Stromnetz angeschlossen und Atomstrom aus Cattenom geliefert werden kann, nicht wahr?
Differdingen wird ab Montag anders sein, und es ist zu diesem Zeitpunkt nicht abzusehen, welche politischen Veränderungen es geben wird und wie sie sich für die Bevölkerung auswirken werden.

Sicher ist nur, dass die KPL ihre politische Arbeit im Gemeinderat im Interesse Bevölkerung, für sozialen Fortschritt und bezahlbaren Wohnraum, aber gegen zusätzliche Belastungen und Privatisierungen fortsetzen wird. Konsequent, aber mit Anstand und unabhängig von der Zusammensetzung des Schöffenrats.

Ali Ruckert

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek