Guardian und die verkehrte Welt

Wer die Geschichte des USA-Konzerns Guardian Industries auch nur ein wenig kennt, wird den Kopf geschüttelt haben, als LSAP-Wirtschaftsminister Franz Fayot behauptete, Luxguard sei wohl das erste industrielle Opfer der Covidkrise in Luxemburg.

Unabhängig davon, wie der Minister zu dieser Schlussfolgerung kam, ist sie eine bewusste Irreführung der Öffentlichkeit, wie das auch für die Ankündigung seines Vorgängers und Parteikollegen Etienne Schneider aus dem Jahre 2018 zutraf, der Konzern Guardian Industries sei an Investitionen in die weitere Entwicklung der Produktionsstandorte in Luxemburg interessiert.

Mehrere Jahre zuvor waren bereits – statt dass in Düdelingen ein neuer Ofen gebaut worden wäre – lediglich technische Reparaturen vorgenommen worden, um die Lebensdauer des Ofens zu verlängern, und der Konzern hatte zu einem bestimmten Zeitpunkt sogar damit gedroht, Investitionen von einem Lohnverzicht der Beschäftigten abhängig zu machen.

Später dann waren die Bosse von Guardian der Frage nach neuen Investitionen immer wieder ausgewichen, obwohl die Beschäftigten der zwei Luxguard-Werke ihnen allein im Jahr 2018 noch einen Nettoprofit in Höhe von mehr als 4,4 Millionen Euro bescherten.

Das hinderte den Konzern nicht daran, statt in Luxemburg, neue Investitionen im Osten von Europa zu planen, weil die höhere Ausbeutung der Beschäftigten und die noch umfangreicheren Steuergeschenke eine noch größere Wertschöpfung für die Aktionäre versprachen.

Somit entstanden neue Werke in Polen und Ungarn, und in Goole in Britannien soll das dortige Floatglaswerk bis 2021 modernisiert sein, zu einem Zeitpunkt, da die Frage eines neuen Ofens in Niederkerschen sich akut stellen wird.

Folgerichtig fordert der OGBL für die Beschäftigten einen »Maintien dans l’Emploi« für sämtliche Beschäftigten der Werke in Düdelingen und Niederkerschen und Investitionsgarantien und kündigte an, er werde die Interessen der Lohnabhängigen mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen, wofür ihm die Solidarität aller gebühren sollte, denen das Schicksal der Beschäftigten und ihrer Familien nicht gleichgültig ist.

Umso jämmerlicher verhält sich in dieser Situation die Regierung, nachdem sie in der Vergangenheit weder mit Lob noch mit Subventionen für die Kapitalisten aus den USA sparte, nun aber so tut, als gehe sie das alles nichts an, so als sei es völlig normal, die Schaffenden in schwierigen Zeiten im Stich zu lassen.

Das Drama um die Arbeitsplätze bei Luxguard macht einmal mehr deutlich, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der die Profitinteressen einer kleinen Minorität von Aktionären Vorrang haben vor den Interessen der großen Mehrheit der Lohnabhängigen und ihrer Familien, und dass wirtschaftliche und staatliche Mechanismen, über welche die Regierung und die »staatstragenden« Parteien und Institutionen wachen, dafür sorgen, dass das so bleiben soll.

Es ist dringend erfordert, diese verkehrte Welt vom Kopf auf die Füße zu stellen. Die Losung der KPL »De Mënsch virum Profit« gibt den Anstoß dazu.

Ali Ruckert

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek