SWÖ: Da wäre mehr drinnen gewesen!

selma schacht zum swoe-kv-abschlussDie Verhandlungen über den SWÖ-Kollektivvertrag wurden am 24.2. in der Nacht abgeschlossen. Mit 8 Gegenstimmen und einer Enthaltung wurde das letzte Angebot der Arbeitgeber nach kontroverser Diskussion angenommen:

2,5% auf alle Lohn- und Gehaltstabellen, jedoch mindestens 48.- Euro, das sind in den unteren Verwendungsgruppen durchschnittl. 2,51 – 2,74%, für die Beschäftigten in der Pflege monatliche Zulagen von stufenweise 30,- bis 100.- €.
Die Arbeitszeitverkürzung betreffend – das zentral ausgegebene, alle Berufsgruppen umfassende Kampfziel – konnte jedoch kein einziger Schritt in Richtung 35-Sdt-Woche gesetzt werden. Nur minimalste Zugeständnisse gab es für die frühere Erreichbarkeit eines einzelnen zusätzlichen Urlaubstags für eine kleine Gruppe von Beschäftigten sowie positive Regulierungen bei den Pufferstunden für Teilzeitbeschäftigte mit Durchrechnungszeitraum.

Dabei zeigten die Demonstrationen und Kundgebungen, Betriebsversammlungen und Warnstreiks eine hohe Kampf- und Streikbereitschaft:
Hunderte bis tausende KollegInnen zogen dabei zugleich erstmals für ihre Interessen und Anliegen auf die Straße, nahmen vielfach das erste Mal an einer Demonstration teil. Die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten trat mit den Warnstreiks am 15. und 16. Februar überhaupt das erste Mal in ihrem Leben in Arbeitsniederlegungen und einen Streikkampf.

Diesbezüglich war es auch richtig, den Arbeitskampf in einer in Österreich bisher als „unbestreikbar“ gegolten habenden Branche mit Warnstreiks zu beginnen, um neben einer forcierteren Druckausübung auf die Sozialwirtschaft auch die Konfliktbereitschaft der Beschäftigten „zu testen“ und den Streikkampf weiter steigern und jederzeit zulegen zu können. Die Warnstreiks in den über 140 Einrichtungen, die seitens der Belegschaften mit überragenden Mehrheiten getroffenen weitergehenden Streikbeschlüsse, sowie die Stimmung unter den Streikenden wie in den anderen Belegschaftsteilen erwiesen noch nachdrücklicher: die Kampffront der PflegerInnen, Jugend- und KinderbetreuerInnen, SozialarbeiterInnen und BehindertenbetreuerInnen  stand. Die Beschäftigten waren bereit und willens, den Kampf konsequent aufzunehmen, auszudehnen und zum Erfolg zu führen. Gleichzeitig konnten sie den Medien die Wirkungen und Resonanz ihrer Aktionen entnehmen und in ihren gelungenen ersten Ausständen anfängliche Unsicherheiten auf vielfach noch unbekanntem Terrain überwinden und Selbstbewusstsein schöpfen sowie Einsicht in die eigene Klassenkraft gewinnen.

Vor diesem Hintergrund hätte es gegolten, den Streikkampf flächendeckender und über einen längeren Stundenzeitraum auszudehnen, zu verschärfen, aktiv aus den Einrichtungen auf die Straße zu tragen und auch die an den SWÖ-KV angelehnten Bereiche (Caritas, Diakonie usw.) aktiver einzubeziehen.
Stattdessen setzte sich auf Seiten der engeren Gewerkschaftsführung und – verhandlerInnen gegen die Blockadehaltung der Arbeitgeber wieder das sozialpartnerschaftliche Zaudern und Kleinbeigeben durch:  Vor diesem Hintergrund zeigte sich die Mehrheit der Betriebsräte des Verhandlungsgremiums nicht (mehr) bereit, den weiteren, in vielen Betrieben schon bestens vorbereiteten nächsten Schritt zum Streik am 27./28.2. zu setzen.

Aufgrund des viel zu niedrigen Prozentsatzes und dem kompletten Niederlage bei der Arbeitszeitverkürzung stimmte KOMintern-AK-Rätin und BR-Vorsitzende Selma Schacht gegen diesen Abschluss und für die Forcierung weitere Arbeitskampfmaßnahmen. Entgegen der üblichen sozialpartnerschaftlichen Ummünzung fauler Kompromisse in vermeintliche Erfolge durch die Gewerkschaften, wird durch diesen KV-Abschluss der Sozialbereich als Niedriglohnbranche weiter fortgeschrieben, ein Aufholen gibt es nicht; und wir sind keinen Millimeter in Sachen 35-Sd-Woche weitergekommen (da mag die AZV-Sonne noch so von den Gewerkschaftshomepages herunterlachen).

Aber positiv und unverlierbar ist: Es wurde gezeigt, dass die Beschäftigten den Mut haben, in Arbeitskämpfe zu treten und diese aktiv und gemeinsam zu führen! Die erfolgten und schon vorbereiteten weiteren Protestmaßnahmen, Betriebsversammlungen und ausgeweiteten Streiks  haben zumindest bewirkt, dass den Arbeitgebern bei der Gehaltserhöhung (bei den Alt-Gehältern von 2,0% auf 2,5% und bei KV-Schema auf bis zu durchschnittl. 2,74%) und bei den Zulagen mehr abgerungen werden konnte.

Dasselbe gilt für gewonnen Erfahrungen und Einsichten tausender KollegInnen in ihre kollektive Kraft und Möglichkeiten. Wäre die Streikbewegung nicht abgewürgt worden, wäre in vielerlei Hinsicht unter gewerkschaftlicher Perspektive noch viel mehr drinnen gewesen!

 

Quelle:

KOMintern