Vom „heißen Herbst“ blieb beim Metall-Abschluss nicht viel übrig

Nicht gerechtfertigt ist der Jubel der Spitzen der Gewerkschaften PRO-GE und GPA-djp über den Kollektivvertragsabschluss für die 130.000 Beschäftigten der Metallindustrie, meint Josef Stingl, Bundesvorsitzender der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB). Das Ergebnis des für alle anderen Branchen richtungsweisenden KV-Abschlusses ist eine Erhöhung der Löhne bzw. Gehälter zwischen drei und 3,6 Prozent, der Aufwandsentschädigungen um 2,1 Prozent, der Zulagen um 3,5 Prozent sowie der Nachtarbeitszulagen um sieben Prozent in vier Jahren auf 2,52 Euro.

Die durchschnittliche Lohnerhöhung um 3,46 Prozent liegt weit unter den geforderten fünf Prozent, die wiederum in Hinblick auf die Prognosen des Wirtschaftsforschungsinstituts von 5,1 Prozent für Inflation plus Produktivitätszuwachs voll gerechtfertigt war. Zumal die Metallindustrie für 2018 um 16 Prozent höhere Dividenden ausschüttet und die Inflationsrate des täglichen Bedarfs bei 4,5 Prozent liegt.

„Der Abschluss ist auch in Hinblick auf einen Rückstand Österreichs bei den Einkommen zu sehen“ macht Stingl aufmerksam. Laut einer Studie der EU-Kommission rangiert Österreich bei der durchschnittlichen jährlichen Veränderung der realen Bruttoverdienste je Arbeitnehmer in den Jahren 2010 bis 2018 bei Null und nur Krisenländer wie Griechenland, Portugal, Italien usw. schneiden noch schlechter ab.

Vom großspurig angekündigten „heißen Herbst“ ist nach 64 Stunden in sieben Verhandlungsrunden, zahlreichen Betriebsversammlungen und Warnstreiks nicht viel geblieben. Daran kann auch die Erhöhung der Mindestlöhne um 4,3 Prozent bzw. 80 Euro sowie der Lehrlingsentschädigungen um durchschnittlich 10 Prozent als Motivation für den Facharbeiter_innen-Nachwuchs nicht hinwegtäuschen.

Gesondert zu betrachten sind die Regelungen für die Belastung durch den seit 1. September 2018 geltenden 12-Stundentag bzw. die 60-Stundenwoche. Unverständlich ist dabei allerdings, warum die Zuschläge von 100 Prozent für die 11./12. Stunden bzw. ab der 51. Wochenstunde und bezahlte Pausen von mindestens zehn Minuten erst ab 1. Juli 2019 gelten: „Wobei festzuhalten ist, dass die neue Arbeitszeitregelung kein Muss bedeutet und es an den Unternehmen liegt, ob sie diese Ausweitung ihrem Personal aufs Auge drücken oder nicht“ so Stingl. Von seriösen Firmenchefs ist ja zu hören, dass sie darauf verzichten, weil sie wissen, dass ab der zehnten Arbeitsstunde die Leistung nachlässt und die Produktion von Ausschuss sprunghaft zunimmt.

Allerdings hat die Industrie diese Regelung bei der Regierung bestellt und das Arbeitszeitgesetz wurde ohne Mitsprache von ÖGB und AK durch das Parlament gepeitscht: „Daher ist es legitim, wenn die Gewerkschaften bei den KV-Verhandlungen eine entsprechende Kompensation verlangen“, bekräftigt Stingl.

Der „heiße Herbst“ durch den vom ÖGB auf die KV-Ebene verlagerten Widerstand blieb gemessen am Abschluss für die richtungsweisende Metallindustrie ziemlich lau. Wobei davon auszugehen ist, dass alle weiteren Abschlüsse erfahrungsgemäß unter diesem Ergebnis liegen werden. Die Streikdrohung kam über kurze Warnstreiks nicht hinaus. Dabei machte Industriellen-Generalsekretär Christoph Neumayer die Angst der Industrie vor einem wirklichen Streik mit dem Alarmschrei, das würde „30 bis 50 Millionen Euro pro Streiktag“ kosten und der Drohung „hochwertige Arbeitsplätze in Österreich“ zu gefährden, deutlich.

Einmal mehr bekräftigt der GLB die Forderung nach einer Urabstimmung über den KV-Abschluss, wie das etwa in Deutschland für Tarifverträge üblich ist: „Die Beteiligung der Betroffenen an Betriebsversammlungen und Warnstreiks hat gezeigt, dass es notwendig ist, die Basis verstärkt in den Prozess von Kollektivvertragsverhandlungen einzubeziehen und dem muss Rechnung getragen werden“, so Stingl abschließend.

Quelle:

Gewerkschaftlicher Linksblock (GLB)