Kritik an der Entdemokratisierung des ÖGB

Mit Teilnehmer*innen aus acht Bundesländern und Ehrengästen von KPÖ, Zentralverband der Pensionist*innen und des kurdischen Arbeitervereins DIDF fand am 17. Oktober 2020 in der ÖGB-Zentrale in Wien die fällige Bundeskonferenz der Fraktion Gewerkschaftlicher Linksblock im ÖGB (GLB) statt.

Der scheidende Bundesvorsitzende Josef Stingl zog dabei eine positive Bilanz seines zehnjährigen Vorsitzes. Als zwei Schwerpunkte nannte er die Erfolge des GLB bei den Arbeiterkammerwahlen 2014 und 2019 sowie die auf Initiative des GLB 2015 erreichte Rehabilitierung der nach dem Oktoberstreik 1950 aus dem ÖGB ausgeschlossenen führenden linken Gewerkschafter*innen – wie etwa des damaligen ÖGB-Vizepräsidenten Gottlieb Fiala – und die Zurücknahme der Diffamierung des Oktoberstreiks als „kommunistischem Putschversuch“.

Scharfe Kritik übte Stingl an einem zunehmenden Demokratiedefizit des ÖGB und konstatierte, dass die kleinen Fraktionen heute weniger Stellenwert haben als vor dem Reformprozess nach dem BAWAG-Debakel von 2007, indem sie immer stärker von Informationen ausgeschlossen und notwendiger Ressourcen beraubt werden: „Die FSG-Mehrheit missbraucht den überparteilichen ÖGB als Richtungsgewerkschaft der SPÖ“, so Stingl.

Während unter der Regierung Schüssel (2000-2006) ein Umdenken des ÖGB zur Sozialpartnerschaft erfolgte findet aktuell mit Verweis auf Corona und Standortpolitik wieder eine verstärkte Unterordnung unter die Kapitalinteressen statt. Das zeigt sich vor allem auch bei den letzten Kollektivvertragsabschlüssen, die im engsten Kreis ausgehandelt und wie etwa beim Metall-KV ohne die bisher übliche Einbeziehung von Betriebsrät*innen und Belegschaften erfolgen, wobei das dringliche Thema Arbeitszeitverkürzung ausgeklammert wird.

„Weiterhin bleibt daher als Aufgaben für Linksgewerkschafter*innen der Kampf für Umverteilung durch Arbeitszeitverkürzung sowie eine aktive Lohnpolitik“ stellte Stingl klar. Konkret fordert der GLB daher die 30-Stundenwoche mit vollem Lohn- und Personalausgleich, ein Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde steuerfrei und indexiert sowie die Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 80 Prozent des Aktivbezuges.

Die Bundeskonferenz beschloss dazu das Memorandum „Kürzer arbeiten, sicherer leben!“ an den ÖGB, weiters Resolutionen zu den Themen Mindestlohn, Arbeitslosengeld, Jugendarbeitslosigkeit und Homeoffice sowie einen Antrag für eine stärkere bundesweite Vernetzung der GLB-Arbeiterkammerrät*innen.

Bei den Neuwahlen wurde Georg Erkinger (38) – GLB-Landessekretär und Arbeiterkammerrat in der Steiermark – als neuer Bundesvorsitzender gewählt. Als Stellvertreter wurden Josef Stingl (Tirol) und Cristina Tamas (Kärnten) gewählt, als Bundessekretär Oliver Jonischkeit (Wien) und als Bundeskassierin Martina Höllisch (Wien) bestätigt. Dem erweiterten Bundesvorstand gehören 13 Aktivist*innen – überwiegend Mandatar*innen in Betrieben und Arbeiterkammern – aus sieben Bundesländern an. Weiters wurde eine Bundeskontrolle mit drei Mitgliedern und vier Ersatzmitgliedern gewählt.

Quelle:

Gewerkschaftlicher Linksblock (GLB)