»Es mehren sich die Versuche, die Geschichte des Weltkrieges zu manipulieren«

Rede des Außenministers Russlands, Sergej Lawrow, bei der Eröffnung der historisch-dokumentarischen Ausstellung „1939. Beginn des Zweiten Weltkriegs“ am 20. August 2019 in Moskau 

Sehr geehrte Kollegen,

heute eröffnen wir eine sehr wichtige historisch-dokumentarische Ausstellung, die dem Beginn des Zweiten Weltkriegs gewidmet ist. Da sind einzigartige Archivmaterialien vertreten, viele stammen aus den Beständen des Außenministeriums. Ich möchte der Föderalen Archivagentur, dem Russischen staatlichen Militärarchiv, Russischen historischen Gesellschaft – allen, die an der Exposition arbeiteten, aufrichtige Dankbarkeit ausdrücken.

Wir sehen, wie sich die Versuche mehren, die Geschichte des Weltkrieges zu manipulieren. Darüber haben wir gerade aus der Begrüßungsrede des Präsidenten der Russischen Föderation, Wladimir Putin gehört. Sie wollen die Rolle der Sowjetunion bei der Zerschlagung von Nazismus verkleinern bzw. überhaupt verschweigen, versuchen die Böswilligen reinzuwaschen, setzen auf eine Tafel Richter und ihre Opfer, versuchen die Ergebnisse und Urteile des Nürnberger Tribunals des Kriegs infrage zu stellen. Das Ziel solcher Spekulationen ist offensichtlich – nicht nur das heutige Russland als Nachfolgestaat der Sowjetunion anzuschwärzen, sondern auch die unansehnliche Rolle der eigenen Staaten bei der Nachsicht gegenüber dem Hitler-Regime zu verdecken, die abscheulichen Aktionen der Neonazis, schmutzigen Kampf gegen die Denkmäler für Befreiungskämpfer zu rechtfertigen.

Der Wert dieser Exposition besteht darin, dass sie mit unbestrittenen Fakten darauf hinweist, wer die Welt in eine grausame Katastrophe versenkte und wer sie zu verhindern versuchte. Während sich Donnerwolken über Europa zusammenzogen, machten die westlichen Hauptstädte – in der Hoffnung, ihre Sicherheit auf Kosten der anderen zu gewährleisten – eine egoistische und zugleich sehr kurzsichtige Wahl zugunsten der Befriedung des Hitler-Regimes. Der Höhepunkt dieses Kurses war das Münchner Abkommen 1938.

In Paris und London – dazu gibt es auch dokumentarische Beweise – wurden die Vorschläge unseres Landes, ein System der kollektiven Sicherheit zu bilden torpediert. Selbst im Frühjahr und Sommer 1939, als klar war, dass der Konflikt nicht zu vermeiden ist, indem man naiv glaubte, dass der Krieg sie umgehen wird, führten die westlichen Mächte ein Doppelspiel, versuchten, die Hitler-Aggression in den Osten zu richten. Bereits 1938, sofort nach dem Abschluss des Münchner Abkommens wurden eine britisch-deutsche und französisch-deutsche Erklärungen unterzeichnet, die die Nichtanwendung der Gewalt vorsahen. Ein ähnliches Dokument zwischen Warschau und Berlin wurde bereits 1934 abgeschlossen.

Unter diesen Bedingungen musste die Sowjetunion im Alleingang die eigene nationale Sicherheit gewährleisten und mit Deutschland einen Nichtangriffsvertrag unterzeichnen. Dieser erzwungene Schritt verschaffte die Möglichkeit, sich besser auf den bevorstehenden Kampf gegen den Aggressor vorzubereiten. Heute soll daran erinnert werden, dass es gerade unser Land ist, das den entscheidenden Beitrag zur Zerschlagung der Hitler-Militärmaschine, Befreiung Europas und der Welt vom Nazismus leistete. Wäre dies vor dem Krieg geschafft worden, die Anstrengungen zu bündeln, hätten viele Opfer verhindert werden können.

Sehr geehrte Kollegen,

wie der hervorragende russische Historiker W. Kljutschewski sagte, bestraft die Geschichte für Nichtwissen der Lehren. Unter Bedingungen, wenn die Weltgemeinschaft mit gefährlichen Herausforderungen und Drohungen konfrontiert, sind geopolitische Nullsummenspiele und Versuche schrecklich und schädlich, eine globale Hegemonie aufzustellen. Man muss zur kontinuierlichen Arbeit an der Schaffung der Architektur der gleichen und unteilbaren Sicherheit und breiten Zusammenarbeit der souveränen Staaten im euroatlantischen Raum und Eurasien zurückkehren. Eine wichtige Voraussetzung des Erfolgs ist die Stütze auf allgemein anerkannte Prinzipien und Völkerrechtsnormen, die ausnahmslos von allen Teilnehmern der zwischenstaatlichen Kommunikation strikt eingehalten werden müssen.

Dieser Philosophie folgend wird Russland an der Genesung der Situation in der Welt weiterhin arbeiten, allumfassend die politisch-diplomatische Überwindung der vielen Krisen und Konflikten fördern.

Nochmals vielen Dank an alle, die diese Ausstellung möglich machten.

Danke für die Aufmerksamkeit.

Quelle:

Außenministerium der Russischen Föderation