70 Jahre NATO – das reicht!

In den Tagen des »Jubiläumsgipfels« der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der NATO werden in den diversen Medien wieder etliche Legenden verbreitet, die durchaus einmal ein wenig näher betrachtet werden sollten.

Da ist zunächst die Legende von der Gründung der NATO. Da wird heute noch erzählt, das Bündnis sei geschaffen worden als »Antwort auf die Bedrohung durch die Sowjetunion und den Warschauer Pakt« . Das ist zu einem Teil schlicht Unsinn, und zum anderen Teil eine faustdicke Lüge.

Worin bestand eigentlich die »Bedrohung durch die Sowjetunion« zu dem Zeitpunkt, als sich Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien (mit Malta), Island, Italien, Kanada, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen, Portugal und die USA entschlossen, einen Militärpakt zu gründen ? In den Augen des Westens – und der meisten heutigen bürgerlichen Geschichtsschreiber – vor allem darin, daß die Sowjetunion es gewagt hatte, eine eigene Atombombe zu konstruieren und damit das Atomwaffenmonopol zu brechen, das die USA für sich beanspruchten. Hier ist einzufügen, daß die USA bis heute das Monopol besitzen, Atombomben jemals gegen einen Kriegsgegner eingesetzt zu haben, nämlich am 6. und am 9. August 1945 in ihrem Krieg gegen Japan, den der Gegner faktisch schon längst verloren hatte.

Die faustdicke Lüge besteht darin, daß immer wieder versucht wird, die Gründung der NATO mit der Warschauer Vertragsorganisation in Verbindung zu bringen. Da lohnt sich ein Blick in ein (seriöses) Geschichtsbuch. Die Gründung der NATO ist unter dem 4. April 1949 eingetragen. Der Warschauer Vertrag, der die Grundlage für ein Militärbündnis der sozialistischen Staaten bildete, wurde am 14. Mai 1955 unterzeichnet, also sechs Jahre später. Jeder kann selbst entscheiden, worin hier die Antwort auf etwas bestand.

Eine Legende ist auch die Behauptung, die NATO sei ein »Verteidigungsbündnis« . Da ist immer wieder die Rede von Artikel 5 des NATO-Vertrages, der besagt, daß ein Angriff auf einen Mitgliedstaat als Angriff auf die gesamte NATO zu betrachten sei. Wenn wir uns all die Kriege ansehen, in die einzelne Mitgliedstaaten und auch die gesamte NATO involviert waren und sind, dann fällt es verdammt schwer, einen Angriff auf eines der NATO-Länder zu erkennen. Tatsächlich hat die NATO vor allem Angriffskriege geführt, keine Verteidigungskriege. Da sei vor allem an Jugoslawien und Afghanistan erinnert.

Tatsächlich suchen die Politiker und Militärs der Mitgliedsländer unentwegt nach Begründungen für das Fortbestehen des Kriegsbündnisses, vor allem seit der Selbstauflösung des Warschauer Vertrages im Jahre 1991 – woraufhin sich die NATO durch die Aufnahme neuer Mitgliedstaaten in Osteuropa immer weiter auf die Grenzen Rußlands zubewegte, des alten und auch neuen Hauptfeindes. Nun werden die Militärausgaben Rußlands und auch Chinas – die allerdings zusammen nur einen Bruchteil der enormen Summen betragen, die von der NATO für Rüstung und Krieg verpulvert werden – für weitere Aufrüstung und Kriegsvorbereitungen bis in den Weltraum hinein als »Begründung« an den Haaren herbeigezogen.

Tatsächlich geht es um die politische, militärische und damit auch wirtschaftliche Vorherrschaft in der Welt, und dafür ist diesen Leuten jedes Mittel recht, auch ein Streit darüber, ob der Laden nun »hirntot« ist oder nicht. Egal wie – längst überfällig ist die Auflösung der NATO. Das wäre nicht nur besser für den Frieden auf der Welt, sondern auch gesünder für das Klima auf unserem Planeten…

Uli Brockmeyer

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek