Klassenkampf im Zeichen von Corona

„Fora Bolsonaro!“ – „Bolsonaro raus!“, dieser Ausruf hallt gegenwärtig alle paar Tage durch São Paulo und andere brasilianische Städte. Zu Beginn der Corona-Epidemie stimmten einst zahlreiche Menschen auf ihren Balkonen gemeinsam diesen politischen Kampfgesang an, jetzt eint der Spruch Gewerkschaften, linke Parteien, soziale Bewegungen und die großen Fußballclubs in ihrem Protest auf der Straße.

Der reaktionäre Macker Bolsonaro hat mit seiner Regierungspolitik wesentlich dazu beigetragen, dass sich Brasilien zum Corona-Hotspot in Lateinamerika entwickelte und weltweit die zweithöchsten Zahlen aufweist (Infizierte: ca. 1,5 Millionen; Tote: ca. 62.000; Stand 03.07.). Dabei wird in Brasilien kaum noch getestet und auch Ende April lag die Quote bei gerade einmal durchschnittlich 1.300 Tests pro eine Million EinwohnerIn am Tag. Hauptsorge in diesem Zusammenhang blieb aber von Anfang und bis heute die brasilianische Wirtschaft, die man durch Corona bedroht sieht. Entsprechend gestalteten sich auch die getroffenen Maßnahmen: Ende März verordnete Bolsonaro, dass Arbeitsverträge durch die Unternehmer für bis zu vier Monate unterbrochen werden können. In dieser Zeit übt der Beschäftigte seine berufliche Tätigkeit nicht aus, der Unternehmer zahlt auch kein Gehalt, nur die Sozialversicherung ist als Trostpflaster beizubehalten.

Politik auf Kosten der Armen

Von einem Lockdown wollte man an zentraler Stelle eingangs absehen, schließlich hätte der die bisher behütete Wirtschaft in Gefahr gebracht. Unter diesen Umständen begannen selbst ehemalige Verbündete von Bolsonaro gegen den Präsidenten zu schießen, Provinzgouverneure und Bürgermeister versuchten selbstständig, dem Virus entgegenzutreten und wurden dafür teils kräftig gerügt. Das seit dem Amtsantritt der rechten Regierung rasch kaputt gesparte und durch den von Bolsonaro forcierten Abzug kubanischer ÄrztInnen geschwächte Gesundheitssystem, ist vielerorts sowieso bereits zu Beginn der Krise zusammengebrochen. Hilfe kam hier nicht nur viel zu spät, sie wurde erst gar nicht geleistet, stattdessen hat man Leichen in Kühltruhen gelagert und Massengräber ausgehoben. Während Bolsonaros weiße, vermögende Anhänger in mickriger Zahl, aber dafür in fetten Karossen, die Forderung nach der Öffnung auf die Straße trugen, verreckten die Menschen in den Favelas in bis dahin unbekanntem Ausmaß. Die Situation wurde so schlimm, dass sich schließlich sogar kriminelle Banden und Drogenkartelle genötigt sahen auf lokaler Ebene Hygienemaßnahmen durchzusetzen, um so ihre Communities vor der absoluten Katastrophe zu bewahren.

Deutsche Demokratieexperte

Während einige bürgerliche Medien hierzulande sich in vorsichtiger Kritik üben, bleibt es im Kanzleramt auffallend still. Wo man sich sonst so gern über eigens definierte Schurkenstaaten und Despoten auslässt, hat man im Falle von Bolsonaro und der desaströsen Lage in Brasilien wenig zu sagen. Aber wen wundert es? Kurz vor der Wahl Bolsonaros zum Präsidenten nannte ihn die Deutsche Bank den „Wunschkandidat(en) der Märkte“. Brasilien ist für die BRD der wichtigste Handelspartner in Lateinamerika. Die neoliberale und auf Sozialabbau forcierte Wirtschaftspolitik Bolsonaros kommt auch deutschen Unternehmen sehr gelegen. Denn wenn es um die Absicherung von Profiten und gegen die Masse der Werktätigen geht, dann halten auch die Herrschenden zusammen. Daran sollten wir uns umgekehrt ein Beispiel nehmen. In diesem Sinne: Hoch die internationale Solidarität – Fora Bolsonaro!

Leo, München

Quelle:

SDAJ – Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend