Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, am 22. Februar zur Lage in Venezuela

Die Entwicklung der Situation in Venezuela ist geradezu kritisch. Für 23. Februar ist eine große und gefährliche Provokation geplant: eine von Washington vorangebrachte Überquerung der venezolanischen Grenze durch einen so genannten „humanitären Konvoi“, was Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern der aktuellen Machthaber auslösen und zu einem passenden Anlass für eine Gewaltaktion zwecks Entmachtung des legitimen Präsidenten des Landes werden könnte.

Washington bereitet diese Provokation in Übereinstimmung mit allen möglichen Regeln der Militärwissenschaft. Alle entsprechenden Informationen sind vorhanden, und Sie können sie gerne im Internet finden. Es wird über die Verlegung von US-Spezialkräften samt Technik in die Umgebung von Venezuela berichtet.

Es gibt auch Informationen, dass Unternehmen aus den USA und anderen Nato-Ländern in einem osteuropäischen Land eine große Waffen- bzw. Munitionspartie kaufen könnten, die dann den venezolanischen Oppositionskräften überlassen werden könnten. Es geht unter anderem um Großkaliber-Maschinengewehre, Unterlauf- und automatische Granatwerfer, mobile Fla-Komplexe, diverse Munition für Schuss- und Artilleriewaffen. Das ist zur Frage, was mit der Vorbereitung der humanitären Hilfsaktion gemeint wird. Diese Lieferung nach Venezuela ist für Anfang März geplant – in mehreren Raten, und zwar durch das Territorium eines Nachbarlandes, wobei Frachtflugzeuge eines internationalen Verkehrsunternehmens eingesetzt werden sollen. Es ist leider kaum überraschend, dass es in dieser üblichen Geschichte auch ukrainische Spuren gibt. Unter anderem wird sich daran, soweit wir verstehen, das Staatsunternehmen „Antonow“ beteiligen.

Besonderes Augenmerk wird dabei auf den propagandistischen Aspekt gerichtet. Natürlich muss das alles auch den Einwohnern der Region erläutert werden, obwohl das nur nebenwichtig ist. Man muss auch amerikanischen Wählern Rede und Antwort stehen – und ihnen erklären, was da eigentlich vorgeht. Damit beschäftigen sich wirklich globale Kräfte. Die US-Administration spannt die Situation wirklich absichtlich an. Der Welt wird das Gefühl vermittelt, dass es schon kein „Zurück“ geben könnte. Es wird wieder auf den Lieblingsausdruck zurückgegriffen: „Er muss weg!“ Und Washington wird bei der Umsetzung seiner Pläne, soweit wir verstehen, bis zum Ende gehen.

Absolut zynisch war die jüngste Aussage des US-Präsidenten Donald Trump, die er in Miami machte und sich dabei an die venezolanischen Militärs mit dem Aufruf wandte, jegliche Befehle des legitimen Staatsoberhauptes zu ignorieren. Stellen Sie sich einmal vor: Man würde sich an die US-Streitkräfte mit dem Aufruf wenden, ihren Oberbefehlshaber zu ignorieren. Und das vor dem Hintergrund der Situation, wenn irgendwelche Kontakte auf dem Niveau der Diplomaten und offiziellen Vertreter von manchen US-amerikanischen Politikern und Juristen als Einmischung in innere Angelegenheiten ihres Landes bewertet werden. Wie gesagt: Der Präsident eines Staates ruft die Streitkräfte eines anderen unabhängigen Staates mit der Forderung, die legitime Führung dieses souveränen Landes zu ignorieren. Meines Erachtens haben die USA, jedenfalls US-Politiker, die das alles begrüßen, indem sie jemanden öffentlich unterstützen und manchmal etwas schweigend akzeptieren, überhaupt kein Recht, etwas über die Legitimität bzw. Illegitimität zu sagen. Den Streitkräften eines anderen Landes wurde erpressend und drohend gesagt, dass sie „alles verlieren“ könnten, wenn sie gegen ihren Schwur nicht brechen sollten.

In unserer Erklärung am 18. Februar haben wir Russlands Position zu solchen gefährlichen Plänen ausführlich geschildert. Zahlreiche Reaktionen darauf beweisen, dass viele uns gehört haben und unsere Meinung auch teilen. Manche könnten das nicht laut sagen, und manche sind stark genug und alles verstehen, aber aus diesen oder jenen Gründen können sie ihre Meinung wiederum nicht offen zum Ausdruck bringen.

Bei der Einschätzung dieser Ereignisse, die gerade vorbereitet werden, sind wir offen und machen kein Hehl aus unseren Befürchtungen. Es geht natürlich um Venezuela – und nicht nur um dieses Land. Es geht nicht um die Unterschiede bei der Bewertung der Situation in der Bolivarianischen Republik, sondern um die Übernahme der Verantwortung für die Wahl zwischen dem Frieden und der Friedensverletzung.

Sollten die Pläne der Organisatoren dieser Provokation in Erfüllung gehen, würde das den Übergang der aggressiven Außenpolitik der USA auf ein neues Niveau bedeuten: Das wäre der Weg militärischer Affären, doch das wäre der Weg bergab. Dann würde die Spannung auf einmal hochsteigen, die Welt würde die Konfrontationsphase erreichen. Und wie sollte es noch weiter gehen?

Wir sehen, dass die Gefahr einer solchen Entwicklung der Situation selbst die Länder spüren, die Washingtons Kurs nach der „Doppelherrschaft“ in Venezuela ursprünglich unterstützten und den selbsternannten „amtierenden Interimspräsidenten“ akzeptierten, denn sie werden jetzt in diese Ereignisse unmittelbar verwickelt. Unsere Kontakte zeugen davon, dass diese Kräfte begreifen, dass Lateinamerika und die ganze Welt etwas zu verlieren haben, falls sie der unverhohlen frechen und geradlinigen US-Politik folgen.

Zu einem Beweis dafür wurde die immer größere Zahl von Ideen und internationalen Initiativen zwecks Unterstützung eines Dokuments, das früher unerschütterlich zu sein schien: der UN-Charta, der darin verankerten Völkerrechtsnormen, zu denen Respekt für Souveränität, Nichtanwendung der Gewalt bzw. der Gewaltandrohung, Nichteinmischung in innere Angelegenheiten gehören. Wichtig sind auch die Aktivitäten einer ziemlich großen Gruppe von Gleichgesinnten von allen Kontinenten in der UNO, die sich für die Verteidigung des Friedens, der Ziele und Prinzipien der UN-Charta einsetzen.

Und denjenigen, die sich Sorgen um die humanitäre Situation in Venezuela machen, können wir nur raten, dem Beispiel der Länder zu folgen, die im Rahmen von humanitären Programmen mit entsprechenden UN-Strukturen und mit der Regierung dieses Landes kooperieren. Vor einigen Tagen wurde nach Caracas unter Mitwirkung Russlands eine große Partie von Medikamenten und medizinischen Anlagen gebracht.

Und was die für 23. Februar geplanten Ereignisse angeht, so muss ich abermals sagen: Wir glauben an die Weisheit des venezolanischen Volkes. Egal wie stark die Gesellschaft gespalten sein sollte, hat dieses Volk nur ein Land. Und seine Zukunft kann man nur gemeinsam gestalten. Ich muss sagen, dass dies die konsequente Position unseres Landes ist.

Zu unserer Einschätzung der Erklärung des US-Präsidenten Donald Trump hinsichtlich Venezuela und den allgemeinen Ansichten der USA zu Lateinamerika

Am 18. Februar trat US-Präsident Donald Trump in Miami mit einer Rede auf, die Venezuela und den US-Ansichten zu Lateinamerika im Allgemeinen gewidmet war.

In seiner Rede wimmelte es von ideologischen Klischees. Er sprach vom „Untergang des Sozialismus“, von der bevorstehenden Veränderung der Orientierung Venezuelas, aber auch Kubas und Nicaraguas sowie von der Entstehung einer „homogenen politischen Landschaft“ in Lateinamerika.

Es entstand ja der Eindruck, dass nicht der US-Präsident Donald Trump sprach, sondern der „Präsident der Westlichen Erdhalbkugel“, James Monroe, und dass es nicht das Jahr 2019, sondern 1823 ist.

„Wir werden nach Freundschaft mit anderen Ländern der Welt suchen, aber wir werden verstehen, dass es ihr Recht ist, ihre Interessen über alles zu stellen. Wir wollen unsere Lebensweise niemandem aufzwingen.“ Das sagte US-Präsident Donald Trump, allerdings während seiner Amtseinführung. Es stellt sich die logische Frage: Was dachte er in Wirklichkeit, als er das sagte? Und wovon geht man in Washington jetzt aus?

Ich möchte jetzt nicht die Rede kommentieren, die das Recht anderer Länder auf Selbstbestimmung ohne jegliche Einmischung von außerhalb, in Übereinstimmung mit den Völkerrechtsnormen, die in der UN-Charta verankert sind, völlig vernachlässigte. Bei einer solch groben Vernachlässigung der Rechte anderer geht es bestimmt nicht um Frieden, wenn man die Worte des großen mexikanischen Politikers Benito Juárez umformuliert.

Und es geht nicht nur darum, dass die außenpolitische Rede des US-Präsidenten Trump vor allem für das US-amerikanische Publikum in Florida bestimmt war, wo viele Einwanderer aus Ländern südlich von Rio Grande leben, von deren Stimmen jetzt die Ergebnisse der für das Weiße Haus wichtigen Wahlen abhängen. Leider wird die „lateinamerikanische“ Tagesordnung Washingtons wieder von der ultrakonservativen Lobby in Miami entscheidend bestimmt.

Wir sehen, wie frech man dort alle politischen Errungenschaften der Länder Lateinamerikas und der Karibik bei der Entwicklung des neuen Stils der zwischenstaatlichen Beziehungen in der Westlichen Erdhalbkugel entwerten will.

Denn diese Region wurde zum ersten atomwaffenfreien Raum in der ganzen Welt, und erst vor kurzem wurde sie zum Friedensraum ausgerufen, wo alle Länder eine harmonische Koexistenz anstreben und ihre sozialpolitische Ordnung respektieren. In Lateinamerika und der Karibik ist eine einmalige Konzeption entstanden: „Einheit in der Vielfalt“. Und das liegt ja so weit weg von der Konzeption der politischen Konformität, von der man in Washington redet! Denken Sie nur: politische Konformität oder Einheit und Vielfalt. Das ist ein prinzipiell wichtiger Unterschied.

Und jetzt schlägt man vor, eine solche Einheit wieder dadurch zu ersetzen, was eigentlich schon in der Vergangenheit geblieben zu sein schien. Durch die eindeutige Richtung an diejenigen, die sich für Herrscher dieser Region halten.

Wir wollen sehr hoffen, dass die jetzigen Politiker, die das Schicksal dieser Region bestimmen, wissen, dass es auf der Fassade des kolumbianischen Außenministeriums nicht Bogota die Worte eines anderen großen Lateinamerikaners, nämlich Simon Bolivars gibt: „Jede Nation hat das Recht auf die Wahl ihrer eigenen Regierung, und alle anderen haben diese Wahl zu respektieren.“

Diese Worte sind heutzutage absolut akut.

Quelle:

Außenministerium der Russischen Föderation