Venezuela auf dem Parteitag der LINKEN

Der Pateitag der LINKEN in Bonn ist vorbei. Das Programm für die Europawahl ist beschlossen, die Kandidaten sind gewählt. Viele Mitglieder und Sympathisanten der Partei hatten angesichts der zunehmenden Kriegsgefahr in Lateinamerika aber auch erwartet, DIE LINKE werde auf dem Parteitag ein klares Bekenntnis zum Frieden und zur Solidarität mit der Bolivarischen Republik Venezuela abgeben.

Rund 30 Mitstreiter*innen der AG Cuba Sí und anderer Solidaritätsgruppen sowie Delegierte und Teilnehmer des Parteitages zeigten in einer unangekündigten Aktion auf der Bühne ein Banner „Hands off Venezuela“, die Bundestagsabgeordnete Heike Hänsel sprach zu den Delegierten im Saal über die akute Kriegsgefahr in Lateinamerika und die Notwendigkeit, hier auf dem Parteitag ein starkes des Zeichen des Friedens und der Solidarität zu setzen.

Wenige Tage vor dem Parteitag hatte der „Washington Examiner“ über die Verlegung eines Flottenverbandes der US-Marine ins Karibische Meer berichtet. Unter anderem hätten der mit 85 Kampfjets bestückte Flugzeugträger „USS Abraham Lincoln“, der mit Marschflugkörpern bewaffnete Lenkwaffenkreuzer „USS Leyte Gulf“ sowie vier Zerstörer Kurs auf die kolumbianisch-venezolanische Küste genommen. US-Spezialeinheiten wurden in Kolumbien zusammengezogen. Am 23. Februar, dem Sonnabend des Parteitagwochenendes, endete die 30-Tagefrist für die Ausrufung von Neuwahlen, die Artikel 233 der Verfassung vorschreibt. Der selbsternanne „Interimspräsidenten“ Gaidó hatte sich bei seinem Putsch am 23. Januar auf diesen Artikel berufen. Deshalb rechnete man an diesem Tag mit Provokationen an der kolumbianisch-venezolanischen Grenze, die den Anlass für eine Intervention durch die USA und ihre Verbündeten in Venezuela liefern könnten. Mögliche Folge einer solchen Intervention wäre ein Krieg auf dem Kontinent oder sogar eine militärische Auseinandersetzung internationalen Ausmaßes.

Cuba Sí hatte im Vorfeld des Parteitages einen Antrag zur Solidarität den linken Kräften des Kontinents eingebracht. Diesen Antrag haben wir nach dem Putschversuch in Venezuela am 23. Januar noch einmal aktualisiert. In einer längeren Diskussion mit der Internationalen Kommission und dem Parteivorstand ist daraus ein gemeinsamer Kompromissantrag des Parteivorstandes und der AG Cuba Sí entstanden. Ziel von Cuba Sí war es, dass der Parteitag der LINKEN auf die akute Kriegsgefahr aufmerksam macht und ein starkes Zeichen des Friedens und der Solidarität mit Venezuela setzt.

Dies allerdings ist nicht passiert. Mit 206 Nein-Stimmen gegen 175 Ja-Stimmen wurde entschieden, wegen der schon fortgeschrittenen Zeit alle Anträge sowie alle Dringlichkeitsanträge zur Entscheidung in den Parteivorstand bzw. in den Bundesausschuss zu überweisen. Einige Delegierte forderten den Parteitag auf, wenigstens den Venezuelaantrag sowie den Antrag zu Russland zu behandeln. Es sei ein fatales Zeichen, wenn DIE LINKE sich auf ihrem Parteitag nicht zur Kriegsgefahr in Lateinamerika, sich nicht zum Thema INF-Vertrag und zum Verhältnis zu Russland äußere. Wolfgang Gehrcke rief den Delegierten ins Gedächtnis, dass der Parteitag zur Erinnerung an die Friedensbewegung in Bonn stattfinde. Ein Delegierter versuchte dann noch einmal mit einem „Rückholantrag“ diese beiden wichtigen Anträge doch noch behandeln zu lassen. Doch auch dies lehnte der Parteitag mehrheitlich ab. In der Debatte dazu trat auch die Parteivorsitzende Katja Kipping ans Mikrofon. Sie bat darum, wegen der großen Zeitverzögerung auf weitere Anträge zu verzichten. Alle Anträge seien wichtig, aber die Delegierten bräuchten auch mal eine Pause.

Es blieb dabei: Der Parteitag der LINKEN hat dieses wichtige und notwendige Zeichen des Friedens und der Solidarität nicht gesetzt. Gemeinsam mit vielen anderen Delegierten schätzt Cuba Sí ein, dass die Nichtbehandlung dieser beiden wichtigen Anträge dem Ansehen der LINKEN als Friedenspartei schadet und somit ein politischer Fehler ist, der nur schwer reparabel ist. Deshalb hat die unangekündigte Aktion für Venezuela auf der Bühne des Parteitages sowie die Bilder und Videos davon in den sozialen Netzwerken eine große Bedeutung. In den über 250 Fotos vom Parteitag auf dem Flickr-Account der LINKEN findet sich leider kein Foto von der Aktion.

Quelle:

Cuba Sí