Ein bißchen Frieden?

Seit Beginn der Debatten um die jüngste Resolution des UNO-Sicherheitsrates zu Syrien werden von den westlichen Regierungen und Medien wieder im Akkord jede Menge Lügen verbreitet.

Die beliebteste und gängigste ist die Lüge vom »Machthaber Assad«, der »sein Volk massakriert«. Nachdem dieser deutliche Aufruf zum Sturz des syrischen Präsidenten, der auch gleich als gefällige Begründung für den Fall einer Ermordung Assads geeignet ist, für eine gewisse Zeit etwas in den Hintergrund gerückt war, wird jetzt wieder verstärkt damit argumentiert.

Der Grund ist offensichtlich. Nachdem die Terrororganisation »Islamischer Staat« sowohl in Syrien als auch im Irak militärisch weitgehend zerschlagen war, wurde die Position der syrischen Regierung und des Präsidenten wieder gestärkt. Das in all den Jahren vom Westen angestrebte Kriegsziel rückte damit in weitere Ferne.

Hinzu kam, daß die beharrlichen Bemühungen Rußlands, den Krieg in Syrien nicht nur militärisch, sondern zur Vermeidung weiterer Opfer auch auf dem Verhandlungsweg zu beenden, immer mehr sichtbare Erfolge einbringen.

Aber ein möglicher Frieden ohne einen Regimewechsel in Damaskus entspricht so gar nicht den Wünschen der Mächtigen in den USA, der EU und in den Golfmonarchien.

Nun erhoffen sie sich mit der Sicherheitsratsresolution 2401 über eine mindestens 30-tägige Waffenruhe zumindest ein bißchen Frieden für die von ihnen unterstützten »Rebellen« in der östlichen Ghouta. In den bürgerlichen Medien ist wieder mal von einer »Rebellenhochburg« die Rede; es soll uns vorgegaukelt werden, es handle sich um Horte der Freiheit und Friedfertigkeit, die in mörderischer Absicht von den »Regimetruppen« attackiert werden. Verschwiegen wird, daß es von radikalen Gotteskriegern besetzte Vorstädte sind, in denen die dort verbliebenen Menschen als Schutzschilde mißbraucht werden.

Die Botschafterin des USA-Präsidenten im UNO-Sicherheitsrat sprach fast unter Tränen von den Frauen und Kindern, die dort täglich sterben. Sie erwähnte jedoch nicht – ebenso wie die bürgerlichen Medien weltweit – daß dieses Sterben schon längst hätte beendet sein können, wenn die Friedensbemühungen in der UNO und bei den von der UNO geführten Gesprächen nicht immer wieder sabotiert würden. Es ist kein Zufall, daß vor jeder Friedenskonferenz in Genf oder anderswo, vor jeder Debatte in der UNO, stets eine neue Flut von »Berichten« über »Gräueltaten des Regimes« durch die Medien geht.

Jetzt wird damit argumentiert, daß Hilfskonvois zu den Menschen fahren sollen, die dringend Nahrung brauchen. Nicht erwähnt wird, daß der Nachschub an Waffen und Munition an die Gotteskrieger offenbar reibungslos funktioniert, daß sie aus den von ihnen besetzten Gebieten die Hauptstadt Damaskus mit Granaten beschießen, oder daß Hilfskonvois der syrischen Regierung für die Region Afrin von türkischen Truppen in Brand geschossen werden. Zumal die türkische Führung am Sonntag erklärt hat, die Resolution über eine Waffenruhe gelte nicht für sie. Der Krieg hat nicht nur eine Seite.

Es ist eine bittere Wahrheit, daß Kriege Opfer kosten, daß nicht nur Soldaten und Söldner sterben, sondern auch viele unbeteiligte Männer, Frauen und Kinder. Aus diesem Grund ist es dringend notwendig, nicht nur über ein bißchen Frieden für einige Tage zu verhandeln, sondern endlich ernsthaft und ohne Vorbedingungen über wirklichen Frieden zu reden und über die Bedingungen nach dem Friedensschluß.

Uli Brockmeyer

 

Aus: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek