Gefährliches Spiel mit dem Feuer

Jeder Angriffskrieg beginnt mit einer Lüge. Beim Kriegszug der Türkei in Nordsyrien stand die Lüge von der »Terrorbekämpfung« am Anfang. In weitgehender Übereinstimmung mit so ziemlich allen Mitgliedstaaten der NATO und der EU wird die Arbeiterpartei Kurdistan, die PKK, vom türkischen Machthaber als »Terrororganisation« eingestuft, und die politischen und militärischen Gruppierungen, die im ölreichen Norden Syriens – ohne Zustimmung der rechtmäßigen syrischen Regierung und unter Verletzung der staatlichen Souveränität Syriens – ein Gebiet mit großer kurdischer Bevölkerung übernommen haben, werden von Erdogan & Co. ebenso bezeichnet.

Aber trotz aller tatsächlich vorhandenen Gemeinsamkeiten sind die kurdischen Kräfte in Syrien – ebenso wie im Irak – eben nicht die PKK. Der wesentliche Unterschied besteht darin, daß sie sich die falschen Verbündeten ausgesucht haben. In ihrem Bestreben, den syrischen Staat zu zerschlagen und den ihnen verhaßten Präsidenten Baschar Assad zu beseitigen, haben ausgerechnet die USA den Kurden in Syrien – wie einige Jahre zuvor im Irak – ihre Unterstützung angedeihen lassen. Schon zu Zeiten der »demokratischen« Administration von Präsident Obama, betrieben besonders zielstrebig durch dessen Außenministerin Hillary Clinton, hatten die USA entschieden, alles zu tun, um ihre speziellen Interessen und die ihrer engsten Verbündeten in der Region mit allen völkerrechtswidrigen Mitteln durchzusetzen.

Separatistischen Kräften unter den syrischen Kurden kam das gerade recht. Statt mit der syrischen Regierung über eine Autonomie der von Kurden besiedelten Gebiete zu reden, warfen sie sich den USA an den Hals. Dabei hätten sie eigentlich aus langjähriger Geschichte erkennen müssen, daß die USA niemals die Interessen anderer Völker oder nationaler Minderheiten vertreten. Die »Hilfe« der USA beschränkte sich dann auch auf militärische Ausbildung und Ausrüstung, während für den Wiederaufbau der im Krieg mit dem »IS« zerstörten Städte und Dörfer – im Gegensatz zu den Gebieten unter Verwaltung der syrischen Regierung – keinerlei Anstrengungen unternommen wurden.

Angesichts der begonnen Kampagne für seine Wiederwahl hielt es nun Präsident Trump für opportun, die Truppen der USA aus Nordsyrien abzuziehen. Das ist im Grunde zu begrüßen, denn deren Aufenthalt auf syrischem Staatsgebiet war und ist ein Bruch des Völkerrechts. Und daß es Trump herzlich egal ist, was nun mit den Kurden wird, darf niemanden wundern. Deren einzige reale Chance besteht nun tatsächlich darin, endlich mit der rechtmäßigen Regierung Syriens umfassende Vereinbarungen auszuhandeln, und das nicht nur zur Abwehr der türkischen Invasion.

Ein gefährliches Spiel betreiben auch die Regierungen der »westlichen Wertegemeinschaft«. Statt endlich mit dem türkischen NATO-Verbündeten Tacheles zu reden, wird Nachsicht geübt, statt von einem Krieg wird über eine »Militäroffensive« geschwafelt. Die EU gab bekannt, daß es kein Waffenembargo gegen Ankara geben wird. Und der luxemburgische (sozialistische) Außenminister redet sogar den »NATO-Bündnisfall« herbei, für den Fall, daß die syrische Armee bei der Verteidigung gegen den türkischen Einmarsch »die Türkei angreifen« sollte, während NATO-Generalsekretär Stoltenberg erneut betont, die Türkei sei »wichtig für die NATO«.

Eine Organisation wie die NATO, für die ein Aggressor wichtig ist, gehört einfach abgeschafft!

Uli Brockmeyer

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek