Viel Lärm um ein Buch

Nein, dieses Buch wird nicht am System der USA rütteln, es wird nicht einmal die Fundamente ankratzen. Und nein, dieses Buch ist keine »Katastrophe für Trump«, wie eine hiesige Zeitung am Samstag titelte. »Fire an Fury« ist zwar ein Enthüllungsbuch und ruft deshalb zu Recht großes Interesse hervor, aber es enthüllt keine wirklich neuen Tatsachen. Daß es einen – recht zaghaften – Versuch seitens der Anwälte des Präsidenten gab, das Erscheinen im letzten Moment zu verhindern, hat lediglich die allgemeine Aufmerksamkeit stark erhöht, ebenso wie die Entscheidung des Verlages, es einige Tage früher als angekündigt auf den Markt zu werfen.

 

Die schlechteste Werbung ist gar keine Werbung, heißt es völlig richtig in der Branche, und die Negativwerbung aus dem Umfeld des Weißen Hauses hat dazu beigetragen, die Verkaufszahlen in selten gekannte Höhen zu treiben. Den Verlag und den Autor wird’s freuen.

»Fire an Fury« enthält nichts aufregend Neues, meint auch unser Korrespondent in New York. Es habe zwar Unterhaltungswert, aber alles, was darin zu finden ist, sei schon mal irgendwo publiziert gewesen.

Es ist seit Beginn der Kampagne zu den Präsidentenwahlen in den USA bekannt, daß Donald Trump zwar ein ausgemacht cleverer Geschäftsmann und gnadenloser Selbstdarsteller ist, aber als Politiker nun wirklich nicht die hellste Kerze auf der Torte. Es wäre eigentlich ratsam gewesen, den Mann mit einer großen und vielseitig gebildeten Schar von Beratern zu umgeben und ihm sein Smartphone wegzunehmen und einer klugen Sekretärin zu überantworten. Das aber läßt der Intellekt des Mannes nicht zu, der daran gewöhnt ist, einen Baukonzern mit allen Mittel durch alle Fahrwasser zu steuern und sich seine Mitarbeiter je nach Geschäftslage und Tageslaune auszusuchen. Trump ist fest davon überzeugt, daß er den Laden USA auf die gleiche Weise führen kann wie seinen Konzern – und es gibt offenbar niemanden, der ihm sagt, daß es da ein paar Unterschiede gibt. Im Gegenteil, seine Adepten klatschen begeistert Beifall, wenn der Präsident sich selbst als »Genie« bezeichnet und diesen Geistesblitz per Twitter um die Welt schickt.

Dieses Kompendium zeigt in aller Deutlichkeit die Realitätsferne des Mannes, der seit einem Jahr die Geschäfte im Weißen Haus führt. Wer sein Unwesen einigermaßen aufmerksam beobachtet hat, weiß, daß er so gut wie gar nichts auf die Reihe gekriegt hat, daß alle seine Wahlversprechungen bis auf marginale Ausnahmen leere Versprechen geblieben sind. Lediglich seine Steuerreform hat er zu großen Teilen durchgesetzt, wenn auch mit ziemlich hohem Aufwand, aber der hat sich schließlich für ihn selbst gelohnt, ebenso wie für seine Milliardärsfreunde, mit denen er so gerne am Wochenende in Florida Golf spielt. Trump first.

Die entscheidende Erkenntnis, die wir in dieser Zeitung schon vor über einem Jahr aufgeschrieben hatten, wird mit diesem Buch erneut unterstrichen: Dieser Mann ist gefährlich vor allem aufgrund seiner Unberechenbarkeit und seiner Unkenntnis der großen Zusammenhänge.

Nein, dieses Buch wird in Washington nichts verändern. Es lenkt in erster Linie von dem eigentlichen Problem ab, nämlich daß diese kapitalistische Gesellschaft solche Figuren wie Trump und seine Entourage immer wieder hervorbringt, und daß der kapitalistische Staat, den sich die herrschende Klasse zum Zweck der Sicherung ihrer Profitinteressen aufgebaut hat, erst einen solchen Präsidenten möglich gemacht hat.

Uli Brockmeyer

 

Aus: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek