Planlos in der Coronakrise

Bis Mittwochabend (Ortszeit) gab es in den USA 639.664 positiv auf das Coronavirus getestete Personen und 30.985 Tote. In China wurden bis gestern 83.402 Infektionen und 3.346 Todesfälle gezählt. In beiden Kategorien liegen die Werte in den USA deutlich über den aus China gemeldeten: Bei den Infektionen liegt der Faktor bei über sieben, bei den Toten sogar bei mehr als neun.

Setzt man die Werte mit der Einwohnerzahl in Relation, sind sie noch gewaltiger: Für jede Million Einwohner haben die USA bislang 94,7 Tote, China hingegen weniger als 2,4 Tote zu beklagen. Zwar könnte es in China zu einem neuerlichen Ausbruch des neuartigen Coronavirus kommen, doch die Erfolge der chinesischen Regierung und ihrer Behörden im Kampf gegen diese hochgefährliche weltweite Epidemie lassen sich nur mit lächerlichen »Fake News« in Zweifel ziehen.

Alle anderen Regierungen und die sie beratenden Fachleute wurden freundlich eingeladen, die in China erfolgreich verlaufenen Eindämmungsmaßnahmen zu studieren, um möglicherweise ihre eigenen Maßnahmen verbessern zu können.
Daß die USA-Administration unter Trump lieber die chinesischen Zahlen in Zweifel zieht und Trumps Generalstabschef Milley nun sogar einen natürlichen Ursprung des Virus mit der Bemerkung in Zweifel gezogen hat, SARS-CoV-2 könne auch »aus einem chinesischen Labor« stammen, zeigt aber, daß man vor allem dort nicht von den Chinesen lernen will, wo es am dringendsten gefordert wäre.

Daß sich die US-amerikanische »Strategie« gegen die COVID-19-Pandemie so sehr von der chinesischen unterscheidet, hat viel mit den unterschiedlichen Produktions- und Eigentumsverhältnissen zu tun: Jenseits des Atlantiks eine vom Profitstreben kapitalistischer Eigentümer an den wichtigsten Produktionsmitteln getriebene Ökonomie, in Fernost eine Volkswirtschaft, die zwar Privateigentum an Produktionsmitteln in erheblichem Umfang zuläßt, aber nur eingebunden in einen weitreichenden volkswirtschaftlichen Plan.

Wer in den USA arbeitslos wird, hat normalerweise vom Washingtoner Zentralstaat nichts zu erwarten. Manchmal gibt es Hilfe vom Bundesstaat oder der Gemeinde, die meisten aber sind auf sich gestellt oder auf Unterstützung durch die Familie oder Freunde angewiesen.

Nun hat der USA-Kongreß Ende März ein schlappe 2,2 Billionen (2.200.000.000.000) US-Dollar schweres »Wirtschaftsstabilisierungspaket« verabschiedet, doch viele in der Coronakrise von ihrem Boss auf die Straße gesetzte Schaffende beklagen, die von Trump versprochenen 1.200 Dollar für jeden Erwachsenen, der im Jahr weniger als 75.000 Dollar verdient hat, sowie 500 Dollar für jedes Kind unter 16 Jahren, seien bis heute nicht bei ihnen eingegangen, obwohl jetzt Essen und Bedarfsartikel für die Familie gekauft und die Miete an den Vermieter oder die Kreditrate an die Bank überwiesen werden muß.

In der zentralchinesischen Metropole Wuhan, aus der im Dezember 2019 die ersten Infektionen mit dem neuartigen Coronavirus und dann im Januar der erste COVID-19-Tote gemeldet wurden, konnte der fast totale Lockdown am 8. April nach elf Wochen wieder weitestgehend aufgehoben werden. Wie die im ganzen Land wieder wachsende Nachfrage nach Strom, Stahl und Autoteilen zeigt, funktioniert die chinesische Wirtschaft wieder fast normal.

Oliver Wagner

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek