14. Juni 2025

14. Juni 2025
KomInternÖsterreich

Der Bauernkrieg in Österreich und Michael Gaismair (Ein Beitrag zum 500. Jahrestag, Teil 2)

Übernommen von KOMintern:

Nach der Skizze des letzten Funkensprungs zum alpenländischen Bauernkrieg und Michael Gaismairs Kampfprogramm in Teil I nun wieder zurück nach Brixen.Nachdem die anfänglich aufgenommenen Verhandlungen zu keinem Ergebnis führten, nahmen die nach Brixen geströmten und sich mit den Handwerkern verbündenden Bauern die Stadt ein, bauten Brixen zum Stützpunkt der Bewegung aus und eroberten die umliegenden Klöster, Burgen und Pfarrhäuser, um alle dort befindlichen Urbare und Raitbücher, in denen die Abgabeverpflichtungen verzeichnet waren, sowie sämtliche Besitzurkunden und Schuldverschreibungen zu plündern, die Gaismair daraufhin feierlich vernichten ließ.

Gedrängte geschichtliche Ungleichzeitigkeiten: Gaismairs Wahl zum Tiroler Bauernführer, Thomas Müntzers Hinrichtung und der Meuchelmord an Florian Geyer

Während sich die Kämpfe von Brixen aus rasch auf die Gebiete Bozen, Sterzing, Ghries und Hall sowie weitere Gemeinden ausbreiteten, geriet an anderweitiger Kampffront des Bauernkriegs just in jenen Tagen der zweite große Stratege und legendäre Heerführer des deutschen Bauernkriegs, Florian Geyer, nahe Würzburg in einen Hinterhalt und wurde von ihm auflauernden Agenten in der Nacht vom 9. auf den 10. Juni 1525 hinterrücks ermordet. Von Friedrich Engels ob seiner politischen Tiefsicht, seines Brückenschlags zu den städtischen Arbeitern, zur starken Schicht an Tageslöhnern und zu den Bergwerksknappen als früher Vorkämpfer der Rechte des Proletariatsgewürdigt,versetzte Geyers „Schwarzer Haufen“ die Herren und Fürstenheere zugleich ins Zittern. Fast exakt zwei Wochen zuvor, in der zeitlich gedrängten Mitte zwischen Michael Gaismairs Aufstieg zum Anführer des österreichischen Bauernkrieges und des Meuchelmords an Florian Geyer, wiederum, wurde am 27. Mai in der Nähe von Mühlhausen bereits Thomas Müntzer enthauptet, sein Leib aufgespießt und der Kopf auf einen Pfahl gesteckt. (Siehe Artikel dazu hier)

Besonderheiten Tirols

Im Gegensatz zu Deutschland hatten die Bauern und städtischen Bürger Tirols bereits zu Beginn des 14. Jahrhunderts sogenannte Landesstände durchgesetzt, in denen sonach auch die Bauernschaft vertreten war. Begleitend mit der Erhebung der Bauern forderten insgleichen die mit ihnen verbündeten Bergknappen weitere Rechte und Freiheiten. Dazu marschierten sie ihrerseits nach Innsbruck und verlangten die Aufhebung der Kontrolle der Bergwerke durch die Augsburger Fugger, Mitsprache bei der Direktion der Betriebe und auf Landesebene. Gleichzeitig hatte sich in Meran eine gemäßigte Strömung zusammengefunden, die – nochmals mit Hans Hautmann gesprochen – auf „einen Klassenkompromiss zwischen den verschiedenen Gruppierungen und Klassenfraktionen“ orientierte. Vor dem Hintergrund dieser politischen Lage wurde am 12. Juni 1525 (Erzherzog Ferdinand hatte noch so lange zugewartet, bis die deutschen Fürstenheere des „Schwäbischen Bunds“ die Bauernhaufen in Süddeutschland in erbitterten Schlachten niedergeworfen hatten) schließlich der Innsbrucker Landtag eröffnet – und mündete dieser sogleich in einer Finte des Habsburger Regenten, vor der Gaismair die Bauern eindringlich warnte.

Die List Ferdinands I. und die spätere Festnahme wie Flucht Gaismairs

Um die bewaffneten Bauern zu demobilisieren behauptete der Landesherr hinsichtlich der von ihnen aufgestellten, hochbrisanten 19 Forderungen sowie erhobenen Beschwerden keine Entscheidungsbefugnisse zu besitzen. Diese lägen vielmehr allein bei seinem Bruder, Karl V., dem daher die Dokumente erst vorgelegt werden müssen. Bis zu dessen Antwort, die etwas Zeit beanspruchen wird, sollten die Bauern derweil nach Hause gehen, sich wieder zerstreuen und dort abwarten. Vergeblich warte Gaismair die Bauern vor dieser List Ferdinands, der damit zusammen mit der gemäßigten Meraner Partei die Oberhand gewann und für den es ab dieser Verschiebung der Kräfteverhältnisse ein relativ Leichtes war neue entschiedene Aktionen der Bauern zu vereiteln. Gaismair selbst, offiziell nach Innsbruck geladen um mit den Feudalherren über die Erfüllung der Forderungen der Aufständischen zu beraten, wurde in die Falle gelockt und im August festgenommen und anschließend in den Kerker geworfen. Anfang Oktober, des genaueren am 7., gelang ihm jedoch die Flucht und Gaismair mischte sich sogleich wieder in den Kampf und ins Geschehen – bevor er sich über Graubünden nach Zürich begab und dort seine nun wesentlich radikalere „Tiroler Landesordnung“.

Der alpenländische Bauernkrieg 1525

Inzwischen hatte sich der Aufstand indessen freilich schon nach Salzburg ausgedehnt, das die Bauern unterstützt von den Bergknappen und Bürgern der Landeshauptstadt Ende Mai 1525 großflächig in ihre Gewalt brachten, und erfasste seit demselben Monat auch Teile Niederösterreichs. „In der Umgebung von Wiener Neustadt rotteten sich 12.000 Bauern zusammen; Untertanen des Stifts Zwettl plünderten Meierhöfe des Stiftes; Bürger von Melk drohten das Stift zu stürmen; der Abt von Lilienfeld musste vor seinen Untertanen, die ins Stiftsgebäude eingedrungen waren, flüchten.“ (Hans Hautmann). Von Salzburg aus griff der alpenländische Bauerkrieg ebenso nach Kärnten über und erfasste parallel Oberösterreich. Schließlich wurde im Juni/Juli auch die Steiermark von der Erhebung ergriffen. Das Gefecht von Schladming und die Eroberung der Stadt unter Führung des zum Feldhauptmann des rund 3.500 Mann starken Haufens gewählten, militärisch erfahrenen Bergmanns Michael Gruber am 3. Juli, ging überhaupt als der größte Sieg der Aufständischen im gesamten deutschen Bauernkrieg in die Geschichte ein.

Das große Nachspiel des alpenländischen Bauernkrieges 1526, „eine Reihe brillanter Gefechte“ (Friedrich Engels) und die Ermordung Michael Gaismairs

Ende 1525 war der Bauernkrieg im Großen und Ganzen auch in Österreich zu Ende. Hier und da flackerten zwar noch Kämpfe auf, aber der Hauptkampf war vorbei – und die Bauern wieder unter die Botmäßigkeit der Herren gebracht.Allerdings: Michael Gaismair hatte im Schweizer Exil gerade seine nochmals radikalisierte „Tiroler Landesordnung“ vollendet, da erhoben sich in einer zweiten Phase des alpenländischen Bauernkriegs im April/Mai 1526 die Bauern im Salzburgerischen erneut. Gaismair sammelte umgehend Getreue und schlug sich über Tirol bis ins Salzburgische durch, wo er sich erneut an die Spitze der Aufständischen stellte. Mit seinem Haufen lieferte er den Feudalheeren und Landsknechten, wie Friedrich Engels mit betonter Hochachtung heraushob, „eine Reihe brillanter Gefechte“; wie etwa die Schlacht am Lueg-Pass im April– einer der bedeutendsten Schlachten des gesamten Bauernkriegs –, oder die anschließenden Gefechte gegen die von verschiedenen Seiten heranziehenden österreichischen Truppen, Bayern, schwäbischen Bundestruppen und erzbischöflichen Landsknechten, in denen die Bauernhaufen unter seiner Führung den Feudalheeren von April bis Juli schwere Niederlagen zufügten, bevor er sich vor der erdrückenden fürstlichen Übermacht mit seinem Haufen nach Venedig absetzen musste. Von dort aus versuchte er zwar noch den Kampf um die freie Bauernrepublik fortzusetzen bzw. erneut aufzunehmen – aber erfolglos. Mit der Schlacht von Radstadt Anfang Juli war auch das große Nachspiel des alpenländischen Bauernkrieges an sein Ende gelangt.

Die Habsburger indes versuchten, trotz immenser gebotener Summen, vergeblich seine Auslieferung zu erwirken. Schließlich setzten sie ein stetig erhöhtes Kopfgeld auf ihren Widersacher aus. Ungeschlagen im offenen Kampf, setzte für die von den Habsburgern ausgelobte Prämie dann schlussendlich auch ein gedungener Mörder Gaismairs Leben am 15. April 1532 in Padua mit 42 Dolchstichen ein Ende. Mit diesem Attentat fiel damit auch der neben Thomas Müntzer bedeutendste sozialrevolutionäre Führer des großen Bauernkriegs der Blutrache der Herren zum Opfer.

Quelle: KOMintern