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Solidarischer Widerstand gegen Sozialabbau – SoWi_So

Kommunistische Gewerkschaftsinitiative - International

Übernommen von KOMintern:

Nach der Bundesregierung und diversen Landesregierungen präsentiert nun auch die Wiener Stadt- bzw. Landesregierung ein Budget des sozialen Kahlschlags, während gleichzeitig unter anderem unverständlicherweise bei sinnlosen und teils ökologisch bedenklichen Infrastrukturprojekten kein Cent eingespart wird. Offensichtlich ist der zuständigen Stadträtin jeder Quadratmeter Asphalt mehr wert als über zwei Millionen Wiener*innen.

Nach der Bundesregierung und diversen Landesregierungen präsentiert nun auch die Wiener Stadt- bzw. Landesregierung ein Budget des sozialen Kahlschlags, während gleichzeitig unter anderem unverständlicherweise bei sinnlosen und teils ökologisch bedenklichen Infrastrukturprojekten kein Cent eingespart wird. Offensichtlich ist der zuständigen Stadträtin jeder Quadratmeter Asphalt mehr wert als über zwei Millionen Wiener*innen.

Wie dramatisch sich die Kürzungen in Höhe von zumindest 500 Millionen Euro tatsächlich auswirken werden, ist noch nicht endgültig absehbar, da z.B. die vom Fonds Soziales Wien (FSW) finanzierten Betriebe noch nicht einmal dazu gekommen sind, sich zu überlegen, wie diese Summe eingespart werden soll. Noch dazu, da diese rückwirkend für das Jahr 2025 zum Tragen kommen soll. Wie hoch die radikalen Kürzungen künftig ausfallen sollen, steht noch nicht einmal in den Sternen. Auch ist vor der Budgetpräsentation nach wie vor nicht klar, ob die bisher kolportierte halbe Milliarde den FSW alleine betrifft oder diesen gemeinsam mit dem WiGeV. Klar ist allerdings: Jeder im Sozial- und Gesundheitsbereich eingesparte Euro ist einer zu viel!

Durchwegs gekürzt wird auch bei der MA 11 Wiener Kinder- und Jugendhilfe, der MA 13 Bildung und Jugend, MA 40 Soziales und Gesundheit sowie im Wiener Gesundheitsverbund (WiGeV). Klar ist bereits jetzt, dass u.a. viele wichtige Arbeitsprojekte für Menschen mit besonderen Bedürfnissen und Suchtkranke dem Sparbudget zum Opfer fallen und drastische Einsparungen die Angebote für Klient:innen massiv reduzieren werden. Sowohl bei jenen, die vom einst gut ausgebauten Wiener Sozialsystem abhängig sind, als auch bei den Beschäftigten regiert die blanke Angst.

Scheinbar hat die Wiener Politik auch die schönen Worte „Die Kinder sind unsere Zukunft“ komplett vergessen. Sonst dürfte in der Kinder- und Jugendarbeit genau sowenig eingespart werden wie in zahlreichen anderen Bereichen.

Dem Vernehmen nach soll zwar weder in der Pflege noch in den Kindergärten tatsächlich eingespart werden. Allerdings wurden die Budgets in diesen Bereichen in den letzten Jahren ohnehin nicht an die Anforderungen der Inflationskrise angepasst und ihre Budgets sollen 2026 auf dem Stand des Vorjahres eingefroren werden, was in Anbetracht der noch immer viel zu hohen Inflation eine de facto Kürzung der finanziellen Ressourcen darstellt, die gravierende Auswirkungen auf die ohnehin katastrophalen Arbeitsbedingungen in diesen Bereichen und in der Folge auf die Qualität der Leistungen für Pflegebedürftige und unsere Kinder haben muss.

Die Betriebsratskörperschaften aller relevanten Organisationen im Wiener Sucht- und Drogenhilfenetzwerk haben vor wenigen Tagen eine gemeinsame Petition unter dem Titel „Stoppt den Kahlschlag im Wiener Sucht- und Drogenhilfenetzwerk – SDHN“ gestartet, welche bereits vor Tagen die Marke von 10.000 Unterzeichner*innen überschritten hat. Und das in einem Teil der Branche, der nicht zu denen gehört, die bei der gesamten Bevölkerung auf Gegenliebe stößt, da meist vergessen wird, dass hier mittlerweile großteils Alkoholkranke behandelt werden, von denen wohl jede*r in Wien einen oder eine kennt. Gerade die Finanzierung dieses Angebots ist derzeit mehr als unsicher.

Einige seit Jahrzehnten bestehende Einrichtungen bestehen werden nun offensichtlich überhaupt dem Erdboden gleichgemacht. So der sozialökonomische Betrieb „Fix und Fertig“, der an der Reintegration suchtkranker Menschen arbeitet. „Fix und Fertig“ hat gerade 30 Jahre Bestehen gefeiert und wird jetzt wahrscheinlich geschlossen, weil die Stadt Wien sich weigert, weiter zu zahlen. Hier geht es auch um Vorzeigeprojekte, die in Fachkreisen über Österreich hinaus bekannt sind.

Das heißt, dass Kolleg:innen ihren Job verlieren, bedeutet aber auch, dass jahrelange Arbeit und Expertise kaputtgespart wird, das kann man nicht mal eben so wieder aufbauen. In der Kinder- und Jugendarbeit gibt es Einrichtungen, in denen Kolleg:innen jetzt „freiwillig“ Stunden reduzieren, damit keine Stellen gestrichen werden. Viele im Sozialbereich arbeiten sowieso schon Teilzeit, oft werden gar keine Vollzeit-Stellen mehr angeboten. Wer hier noch weiter mit den Stunden runtergeht, landet schnell an der Armutsgrenze, weil das Geld trotz Arbeit nicht mehr reicht. Für die Menschen, die auf die Angebote im Sozial-, Behinderten und Bildungsbereich angewiesen sind, sind diese ganzen Kürzungen eine regelrechte Katastrophe. Behinderte Menschen erhalten weniger Unterstützung und Betreuung, für kranke Menschen gibt es weniger Hilfe, Kinder werden weniger gefördert, Menschen in Krisen erhalten weniger Unterstützung, Jugendliche können nicht auf einen positiven Weg begleitet werden – und vieles mehr.

Die Vernetzung der Betriebsrät:innen des Sucht- und Drogenhilfenetzwerks organisiert denn diesen Donnerstag auch eine Protest-Betriebsversammlungen im öffentlichen Raum gegen die massiven Budgetkürzungen und damit dem realen Rückbau von Behandlung und Betreuung. Die Belegschaften haben zudem schon Streikbeschlüsse gefasst. Sie machen klar, dass die Maßnahmen der Stadtregierung nicht nur die Existenz langjährig bewährter Einrichtungen gefährden, sondern auch die Lebensgrundlage vieler Betroffener – Menschen, die ohnehin zu den verletzlichsten unserer Gesellschaft gehören.

Parallel wurde auch auf einer Betriebsrät:innenkonferenz des Sozial- und Gesundheitsbereichs der GPA in Wien eine Resolution angenommen, in der gegen die Rotstiftpolitik der Regierung in Stadt und Bund mobil gemacht wird. Eine Ausnahme, sind die Gewerkschaften bekanntlich stark durch die SPÖ und die sozialdemokratische Fraktion dominiert beziehungsweise in Wien und im Bund überhaupt in die Regierung(en) eingebunden. Das macht es denn auch so schwer, die Gewerkschaften entsprechend ihrer eigentlichen Klassenfunktion gegen den Regierungskurs in Stellung zu bringen. Außerdem geht es darum, den Kampf für Gehaltserhöhungen mit dem Kampf gegen die Kürzungspolitik verbinden, um zu verhindern, dass wir gegeneinander ausgespielt werden. Dieses Spiel von „entweder Kürzungen bei Sozialhilfe oder bei Löhnen“ wird von den Beschäftigten indes nicht mitgespielt. So etwa mit einem großen Protesttag des Sozial- und Gesundheitsbereichs in Wien Mittwoch übernächste Woche (26.11.), an dem in vielen Einrichtungen ab Mittag die Arbeit de facto niedergelegt wird – und Tausende sich zu einer Demo und Kundgebung in der Innenstadt versammeln.

Ebenso betroffen von den Streichungen ist die Erwachsenenbildung. Hier werden unter anderem die öffentlich geförderten Deutschkurs- und Alphabetisierungsangebote für Menschen in der Wiener Grundversorgung, d.h. für Asylsuchende und subsidiär Schutzberechtigte gestrichen. Diese Maßnahme spielt jener rechten Politik in die Hände, die Geflüchtete für vermeintliche „Integrationsdefizite“ stigmatisiert, und ihnen gleichzeitig den Zugang zu Bildung raubt sowie Arbeitsplätze von Unterrichtenden vernichtet.

Insgesamt ordnet sich das Wiener Budget – entgegen den aktuellen Unkenrufen – künftig offensichtlich dem neoliberalen Spardogma unter, statt einnahmenseitige Maßnahmen zu setzen, die nicht die breite Bevölkerung treffen!

Undauch innerhalb des Budgets selbst gibt es gewaltige Schieflagen. Während bei subsidiär Schutzberechtigten nach den derzeit kolportierten Zahlen 70 Millionen eingespart werden, kriegt der deutsche Konzern Eventim alleine 150 Millionen für den Bau einer neuen Konzerthalle, um mit dieser künftig fette Profite einzufahren. Dabei sind die notwendigen Kosten für eine funktionierende Verkehrsanbindung der Halle noch nicht einmal mit eingerechnet und die Proteste der derzeitigen Nutzer*innen des Geländes und der Anrainer*innen werden ignoriert.

Ebenso wird nach wie vor am Retroprojekt der Stadtstraße und des Lobautunnels festgehalten statt den Durchzugsverkehr wie in fast jedem Dorf üblich aus der Stadt zu verbannen, während gleichzeitig der angeblich bestehende Bedarf für dieses von den nackten Zahlen als Märchen entlarvt wird. Schließlich hat in keinem Bezirk der Bestand an PKWs pro Einwohner*in in letzter Zeit stärker abgenommen als im 22. Bezirk. Die dadurch entstehenden ökologischen Folgekosten und Gesundheitsbelastungen für die Anwohner*innen von Stadtstraße und Tangente werden künftig zu massiv steigenden Ausgaben führen.

Da aus den konkreten Zahlen und sozialen Einschnitten bis zur übermorgigen Pressekonferenz ein Staatsgeheimnis gemacht wird, obwohl sich die Stadt Wien so gerne Transparenz auf die Fahnen heftet, können wir die genauen Auswirkungen im Detail noch nicht mit der notwendigen Präzision einschätzen.

Mit Sicherheit kann allerdings jetzt schon gesagt werden, dass es sich dabei um ein Budget aus der Mottenkiste neoliberaler Thinktanks handelt, das auf Kosten des Großteils der Wiener*innen geht, während Zinshausbesitzer*innen, Autolobby und Konzerne (also die von der SPÖ so gerne erwähnten mit den breiten Schultern) keinen Beitrag leisten. Ist das die „Wirtschaft mit Haltung“, die Bürgermeister Ludwig zuletzt groß verkündet hat? Was hat die Aussage „Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz“ mit der bewussten Vernichtung zahlreicher Arbeitsplätze gerade in jenen Bereichen zu tun, die die Wiener*innen am dringendsten brauchen?

Wir als Bündnis „Solidarischer Widerstand gegen Sozialabbau“ (SoWi_So) weisen ausdrücklich darauf hin, dass jeder Euro weniger im Gesundheits-, Sozial- und Bildungsbereich dazu führt, dass Wien nicht mehr als Sozialstadt bezeichnet werden kann. Die Streichung der Mindestsicherung ist nur der Gipfel des Eisberges, der noch dazu einen rassistischen Touch hat. Aber auch generell gilt: Gerade jene, die es am notwendigsten brauchen, bekommen nun weniger. Die Kürzungen in der Sozialhilfe betreffend, mehrheitlich übrigens Kinder und als „Aufstocker“ firmierende „Working Poor“, die arbeiten aber so wenig verdienen, dass sie sich damit das Leben nicht leisten können.

Tatsächlich wird dieses soziale Kettensägenmassaker unter dem Deckmantel der angeblich erforderlichen Budgetsanierung nicht nur Folgekosten haben, die weit höher sind als das, was angeblich eingespart wird, sondern betrifft de facto alle Wiener*innen. Wir stehen an ihrer Seite und kämpfen gemeinsam mit ihnen gegen den neoliberalen Sparwahn, der den Grundsätzen des so gerne beschworenen „Roten Wien“ vollkommen widerspricht.

Quelle: KOMintern

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