Übernommen von Unsere Zeit:

Mit der Wahrheit ist das so eine Sache. Es hilft halt nichts, etwas immer und immer wieder zu behaupten, dadurch wird es nicht zu einer Tatsache. Beispiele gibt es dazu wie Sand am Meer. Einige erwartet man nicht anders, andere sind irgendwie ärgerlich. Wenn zum Beispiel in der Werbung gelogen wird, um ein Produkt besser zu verkaufen, dann ist das halt so. Da ist dann auf einmal gesund, was letzte Woche noch ungesund war, die Allianz offenbart mit „Versichern, was wirklich zählt“ unfreiwillig ihre Geschäftsideologie (siehe UZ vom 19. Dezember), und dass die Commerzbank die „Bank an ihrer Seite ist“, wird armen Menschen, die schon mal was mit Kontoüberziehung zu tun hatten, auch nur ein müdes Lächeln abringen. Wenn diese Werbung aber politisch ist, wird es unangenehm. So behauptet das frisch umbenannte BSW zum Beispiel, es sei die „einzige konsequente Friedenspartei“. Wo? Im Bundestag? Ach nee, da war ja was. Im EU-Parlament? Auch nicht wahr. In der Friedensbewegung in diesem Land? Ich würde doch höflichst darum bitten, diese Quatschbehauptungen zu unterlassen.
Noch schöner: Die als Entschuldigung getarnte Werbekampagne des „Freitag“, die vor allem in den sozialen Medien stattfand.
Unter der Überschrift „Nicht propalästinensisch und nicht proisraelisch“ schreibt dort Elsa Koester: „Es war im Mai 2025, als wir uns beim Freitag dazu durchgerungen haben, in Bezug auf die Kriegsverbrechen in Gaza von einem Genozid zu sprechen. Das fühlt sich im Nachhinein reichlich spät an … Und dennoch waren wir die erste Wochenzeitung in Deutschland, die diesen Schritt wagte, offensiv auf ihrer Titelseite.“ Wie bitte? Lieber „Freitag“, ist das dein Ernst? UZ titelte am 13. Oktober 2023 mit „Völkermord in Gaza“ – denn bereits in den ersten Tagen nach dem 7. Oktober hatte Israel deutlich gemacht, dass das Ziel des Krieges nicht die Auslöschung der Hamas ist, sondern die Auslöschung der Palästinenser. Schulen, Krankenhäuser, Wohnviertel waren von Anfang an bevorzugte Ziele des israelischen Militärs, das Leben von Zivilisten spielte keine Rolle. Und wer den Bildern aus Gaza nicht glauben wollte, musste einfach nur auf die israelische Politik hören: So verbreitete der damalige israelische Verteidigungsminister Joaw Gallant eine rassistische Erklärung, die die zwei Millionen Einwohner von Gaza zum Ziel erklärte: „Wir kämpfen gegen menschliche Tiere (,human animals‘) und handeln entsprechend: Kein Strom, kein Gas, kein Wasser – nichts gelangt mehr nach Gaza.“ Dass der „Freitag“ es mehr als eineinhalb Jahre später auch geschnallt hat, ist kein Grund, stolz zu sein. Aber immerhin, wenigstens hat die Redaktion des „Freitag“ sich irgendwann dazu durchgerungen, die Wahrheit zu benennen. Damit hat sie den meisten Redaktionen in Deutschland viel voraus.
Denn dort herrscht immer noch Staatsräson. Neue Munition lieferten die Attentäter vom Bondi-Beach in Sydney. Israel behauptete, der australische Premier Anthony Albanese habe mit der Anerkennung Palästinas „Öl ins antisemitische Feuer“ gegossen – und die deutschen Medien greifen das dankbar auf.
So konstruiert das „Darmstädter Echo“ den Zusammenhang zwischen dem Anschlag und der Palästina-Solidarität mit den Worten: „Es beginnt mit der Ausladung israelischer Künstler oder Wissenschaftler, weil sie angeblich ein kolonialistisches Unrechtsregime repräsentieren.“ Und die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ findet, trotz der Anschläge, die es auch hier gebe, sei „ein Ende der unreflektierten Israel-Kritik“ „nicht in Sicht“. Damit offenbaren sie vor allem ihren eigenen Antisemitismus. Anders als sie ist die Palästina-Solidarität dazu in der Lage, zwischen Menschen jüdischen Glaubens und einem zionistischen Apartheidstaat mit einer in Teilen faschistischen Regierung zu unterscheiden.
Quelle: Unsere Zeit

