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Momente des Realismus

Übernommen von Unsere Zeit:

Zu Beginn des Jahres 2025 waren Selenski und seine Berater noch strikt gegen eine Feuerpause im Krieg mit Russland, zumal Biden erst im November 2024 Angriffe mit ATACMS auf „Ziele tief in Russland“ freigegeben hatte. Im Jahresverlauf 2025 passten Kiew und die „Europäer“ sich Trumps Friedensrhetorik an und riefen nach einem raschen „Ceasefire“. Ihre Ressourcen begannen sich zu erschöpfen. Verluste an Waffen und Soldaten ließen sich nicht ausgleichen. Es fehlte an Geld. Das alles sprach für eine Atempause für die ukrainische Armee.

Die russische Armee behielt seit dem Scheitern der Sommeroffensive Kiews 2023 die Initiative. 2024 und 2025 schob sie die Front westwärts, nahm von den AFU, den ukrainischen Streitkräften, besetzte Städte ein, umzingelte andere und agiert inzwischen nicht mehr weit entfernt von Slawjansk und Kramatorsk, den letzten wichtigen Festungen der AFU vor dem Ostufer des Dnjepr. Auch in Saporischja beschleunigte sie ihren Vormarsch. Mit dem Momentum auf seiner Seite strebt Moskau keine Kampfpause an, sondern eine dauerhafte Lösung. Essentials dafür sind: Anerkennung der neuen Grenzen, Neutralität, kein NATO-Militär in der Ukraine, Achtung der Rechte der russischen Minderheit.

Beate Landefeld
Beate Landefeld

Die Trump-Regierung machte 2025 drei Vorstöße für einen raschen Frieden. Zwei verliefen im Sande nach dem Schema: US-Unterhändler loten in Moskau aus, was geht, und machen einen Plan. Der Plan wird von Neocons in der US-Regierung vorzeitig geleakt. Transatlantische Medien skandalisieren ihn als „Putins Plan“, „Verrat“, „Kapitulation“. Gespräche der USA mit Kiew und „Europäern“ ändern den Plan so, dass er für Moskau unannehmbar wird. Moskau lehnt ab. Kiew und „Europäer“ fordern neue Sanktionen, Geld, Waffen, um „Putin zum Frieden zu zwingen“.

Trumps dritter „Friedensplan“ ist nach dem Stadium der Skandalisierung noch in Bearbeitung durch USA und Kiew. Merz, Starmer und Macron wollen sich auch einschalten. Wird der Plan, wie die bisherigen, versanden? Es gibt neue Momente:

Erstens, die Zweifel im NATO-Lager, dass Kiew den Kriegsverlauf umkehren kann, wachsen. Nicht nur die üblichen Verdächtigen Fico und Orbán, auch der belgische Ministerpräsident Bart de Wever sagt: „Wer glaubt denn wirklich, dass Russland verlieren wird? Das ist ein Märchen, voller Illusionen.“ („La Libre“, 4. Dezember)

Zweitens, die Selenski-Clique ist durch Korruptionsverfahren geschwächt. Manche halten sie für erpressbar. USA und EU sind über die Korruption im Bilde.

Drittens, die EU ist über den Einsatz eingefrorenen russischen Vermögens für Waffenkäufe zerstritten und paralysiert. Außer Berlin will keiner für die Folgen haften.

Viertens, der Trump-Plan will das russische Vermögen statt für Waffen für den Wiederaufbau nutzen, mit US-Beteiligung, versteht sich.

Fünftens, die USA publizierten eine neue Sicherheitsstrategie. Danach müsse Europa sich künftig selbst verteidigen. Die USA wollen die „Wahrnehmung“ und „Realität“ der NATO „als eines ständig expandierenden Bündnisses“ künftig verhindern. Stabilität in Europa und mit Russland seien wiederherzustellen.

Alle diese Momente drängen in Richtung Realismus. Matt Whitaker, US-Botschafter bei der NATO, sagte auf dem Doha-Forum, wir seien „näher am Frieden als je“ (5. Dezember). Wunschdenken? Pessimistischer ist der Ausblick Dmytro Kulebas, Ex-Außenminister der Ukraine: „Im Jahr 2026 wird die Ukraine noch mehr Menschen und Territorium verlieren. Wir haben genug Kraft, um den Krieg fortzusetzen, aber nicht genug, um den Verlauf des Krieges zu verändern.“ (4. Dezember) Danach läge es im Inte­resse der Ukraine, möglichst bald ein Abkommen zu erreichen. Vielleicht noch nicht Trumps 28-Punkte-Plan, aber eine neue Fassung bis Mitte 2026?

„Europäer“, lasst den Traum von unendlicher NATO-Ostexpansion fallen!

Quelle: Unsere Zeit

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