Schweden: Ein Vorbild im Umgang mit Corona?

Immer wieder wird in der Debatte um den Lockdown, Quarantäne und Ausgangsbeschränkungen im Zuge der Corona Krise auf Schweden verwiesen. Die schwedische Regierung ergriff bis vor kurzem keine und ergreift auch jetzt nur wenige Maßnahmen zur Einschränkung des öffentlichen Lebens. Von vielen wird das als mögliche Alternative gesehen.

Schweden geht in Europa einen Sonderweg im Kampf gegen die weitere Verbreitung von COVID-19. Die Regierung hat bisher kaum Maßnahmen zur Einschränkung des öffentlichen Lebens ergriffen und setzt auf Verantwortungsbewusstsein und Freiwilligkeit, so die Propaganda. Cafés und Lokale sind weiterhin geöffnet, allerdings nur noch mit Bedienung am Tisch, um Sicherheitsabstände einzuhalten. Kindergärten, Schulen bis zur 9. Schulstufe, Sportplätze, Schwimmbäder und sogar Kinos werden nicht geschlossen. Versammlungen bis zu 49 Personen sind erlaubt. Vergangene Woche war kurzzeitig zu lesen, dass die schwedische Regierung ihren Sonderweg beendet hätte, das stimmt jedoch nicht. Es wurde lediglich im Rahmen der Seuchenbekämpfung ein Gesetz erlassen, das es der Regierung erlaubt, Maßnahmen zur Einschränkung des öffentlichen Lebens ergreifen zu können. Davon wurde bisher kein Gebrauch gemacht.

Schwedens Sonderweg?

Schweden hat einige relativ simple Maßnahmen ergriffen, die allerdings allesamt auf Freiwilligkeit beruhen und an die individuelle Verantwortung appellieren. Personen, die sich krank fühlen, sollen zuhause bleiben. Menschen mit Vorerkrankungen und über 70-Jährige werden als Risikogruppe erfasst und sollen sich zuhause selbst isolieren. Und in der Öffentlichkeit sollen die Menschen Abstand halten, insbesondere beim Einkaufen. In fast allen europäischen Ländern wurde und wird an die Eigenverantwortung appelliert, das zeigt sich in Österreich bspw. darin, dass bis heute keine Verordnung zum Schutz am Arbeitsplatz gibt. Es gilt: Infizieren kann man sich, aber bitte nur im Beruf. Die schwedische Strategie ist also kein europäischer Sonderweg, er treibt die Strategie der europäischen Monopole, die ihre Profite zu retten suchen, nur auf die Spitze.

Menschenleben über Profit?

Die Kommunistische Partei Schwedens (SKP) kritisiert den Weg des schwedischen Staates. Zwischen bürgerlicher Opposition und Regierung herrscht hingegen weitestgehend Einigkeit über den eingeschlagenen Kurs. Die SKP wirft den Herrschenden vor, mit dem Leben von Menschen zu spielen. Sie erklärt, dass die von der Regierung propagierte Politik der kontrollierten Ausbreitung nichts anderes bedeutet, „als dass die Übertragungsgeschwindigkeit an die Gewinne der Großunternehmen angepasst wird, ohne Rücksicht auf menschliches Leben und Gesundheit.“ Die schwedischen Zahlen vom Samstag geben der SKP Recht. Diese zeigen, dass es bereits mehr als 10.000 Infizierte gibt, beinahe 900 Menschen daran gestorben sind, davon fast 500 in der Region um Stockholm.

Die SKP fordert, dass Geld, das den Monopolen als Kompensation für entgangene Profit zur Verfügung gestellt wurde, in das Gesundheitssystem und die Bildung investiert werden muss, sowie zur Unterstützung von Pensionistinnen und Pensionisten, Arbeitslosen, Arbeiterinnen und Arbeiter wie Angestellten, kleinen Selbstständigen und Familienunternehmen genutzt wird. Sie fordert einen sofortigen Lockdown. Nur noch der Bereich der unmittelbaren Versorgung solle geöffnet bleiben. Arbeiterinnen und Arbeiter sowie Angestellte sollen bei voller Lohnfortzahlung vom Dienst freigestellt werden, so die SKP.

Quelle:

Zeitung der Arbeit