Koalition der Aufrüstung

Ein Jahrhundert nach dem Verrat fast sämtlicher sozialistischer Parteien Westeuropas an ihrer eigenen Antikriegsposition will ausgerechnet die Regierung aus Liberalen, »Sozialisten« und den Anfang der 80er Jahre unter anderem aus der damals starken Friedensbewegung hervorgegangenen Grünen weiter aufrüsten.

Schon ganz zu Beginn seiner Amtszeit hatte der »sozialistische« Wirtschafts-, Polizei-, Außenhandels- und Armeeminister Etienne Schneider gegenüber Radio 100,7 angekündigt, die Regierung werde sich und »internationalen Organisationen wie der NATO« einen militärischen Kommunikationssatelliten anschaffen, weil diese »für das moderne Militär unumgänglich geworden« seien.

Zur Realisierung von »GovSat-1«, der Anfang nächster Woche von den USA aus in den Orbit geschossen werden soll, wurde mit der in Schloß Betzdorf ansässigen »Société Européenne des Satellites« eigens eine neue Gesellschaft gegründet, zu der der Luxemburger Staat und SES jeweils 50 Millionen Euro beigesteuert haben. Zudem hat sich das Joint-venture weitere 125 Millionen Euro bei einem Konsortium luxemburgischer Banken besorgt.

Wenn alles nach Plan verläuft, wird GovSat dem westlichen Kriegsbündnis, der luxemburgischen und befreundeten Regierungen, der Armee sowie der Regierung genehmen Organisationen ab Anfang März sichere Satellitenkommunikationskapazitäten zur Verfügung stellen. Seit Bekanntgabe des Vorhabens wird Minister Schneider nicht müde zu betonen, so blieben zumindest ein Teil der »Verteidigungs«-Ausgaben, die von DP, LSAP und Déi Gréng in diesem Jahr auf offiziell 325 Millionen Euro hochgeschraubt wurden, in Luxemburg.

Das sei auch bei der Renovierung der Diekircher Kasernen für mehr als 100 Millionen Euro der Fall gewesen, erklärte Schneider am Montag auf einer Pressekonferenz. Erst am Freitag wurde auf dem Regierungsrat beschlossen, einen militärischen Spionagesatelliten zu kaufen und zu betreiben sowie beim deutsch-französischen Rüstungskonzern Airbus zwei Mehrzweckhubschrauber vom Typ H145M für die Armee zu bestellen, die auch der Polizei zur Verfügung stehen sollen.

Ganz zu Beginn ihrer Amtszeit hatte die Koalition erklärt, sie halte an der Bestellung eines militärischen Transportflugzeugs vom Typ Airbus A400M für rund 200 Millionen Euro – reine Anschaffungskosten – fest. Und auch an ihrem der NATO gemachten Versprechen, sich an Beschaffungsprogrammen wie dem Kauf von militärischen Drohnen zu beteiligen, hält die derzeitige Regierung eisern fest.

Dabei waren die Militärausgaben Luxemburgs schon unter der Vorgängerregierung aus CSV und LSAP höher als zu Hochzeiten des Kalten Krieges. So wurden dem deutschen Rüstungskonzern KMW 48 gepanzerte Patrouillenfahrzeuge vom Typ »Dingo« für rund 120 Millionen Euro abgekauft.Die Luxemburger Armee sei eben »spezialisiert auf Aufklärung«, schwadronierte Schneider auf besagter Pressekonferenz. Was Soldaten mit dem roten Löwen am Arm »früher mit Dingos ‚on the ground’ getan« hätten, werde heute »satellitentechnisch viel sicherer« bewerkstelligt.

»Wenn wir unsere Verteidigungsausgaben weiter erhöhen müssen«, so der Sozialdemokrat weiter, sei ein zweiter GovSat-Satellit »eine Option«.

Oliver Wagner

 

Aus: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek