Alles außer Sicherheit

Die »Sicherheitskonferenz« in München ist wieder zu einer Olympiade der Heuchler geworden. Es wurden zwar keine Medaillen vergeben, aber die eindeutigen Sieger dieser Veranstaltung sind Kriegsverbrecher wie der israelische Premierminister, der ukrainische Präsident und der Premierminister sowie der Außenminister der Türkei. Gegen letztere hatten deutsche Friedensfreunde eine Strafanzeige eingereicht, doch statt eines Haftbefehls wurde den Beschuldigten die Gewißheit zuteil, daß sie den von ihrem Chef, dem sultangleichen Staatschef Erdogan befohlenen Krieg auf syrischem Territorium mit Billigung der EU und der NATO fortsetzen können.

Nachdem sie einen Journalisten der Springer-Zeitung »Die Welt« – rein zufällig unmittelbar vor der Konferenz – nach einem Jahr und zwei Tagen Geiselhaft aus der Türkei ausreisen ließen, erfreuen sie sich des Wohlwollens vor allem der deutschen EU-Führungsmacht und dürfen nun damit rechnen, daß ihnen der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall beim Bau einer neuen Panzerfabrik unter die Arme greift.

Zuvor bekamen die hofierten türkischen Gäste die Gelegenheit, sich in den Berichten der servilen bürgerlichen Medien als Opfer von Terroristen präsentieren, die sich gegen eine Aggression zur Wehr setzen müssen. Das gelang mit Bravour auch dem israelischen Regierungschef, der sich in München nicht nur für kurze Zeit vor einer drohenden Verhaftung durch die eigene Polizei wegen Korruption sicher fühlen durfte, sondern auch noch ein Stück Metall präsentieren konnte, das als »Beweis« für einen Krieg des Iran gegen das ach so friedliche Israel dienen sollte. Ungestört konnte Natanjahu in München dem Iran und anderen Nachbarn in der Region mit Krieg drohen und den Aggressorstaat Israel als Opfer von Aggression darstellen. Ein Wolf im Schafspelz ist dagegen ein Kindergarten. Das eigentliche Problem des Nahen Ostens, nämlich ein Ende der Gewalt durch friedliche Regelung, vor allem eine den Jahrzehnte alten Beschlüssen der UNO entsprechende Lösung des Palästina-Problems, spielte keine Rolle auf dieser »Sicherheitskonferenz«.

In diesen Reigen paßte dann auch der ukrainische Machthaber Poroschenko, der im Osten des eigenen Landes Krieg gegen Andersdenkende führen läßt und weiter darauf pocht, daß die in Aussicht gestellte Mitgliedschaft der Ukraine in der EU und in der NATO der Welt »mehr Sicherheit« brächte.

Dieser ganzen kreuzgefährlichen Heuchelei entsprachen auch die Auftritte mehrerer Politiker des Westens. Die deutsche Kriegsministerin und ihr Kollege aus dem Auswärtigen Amt forderten in gewohnter Weise die Übernahme von »mehr Verantwortung« durch EU und NATO – unter deutscher Führung, selbstredend. Eine Führungsrolle beanspruchte auch Frankreichs Premierminister, der die Entschlossenheit seiner Regierung bekräftigte, so schnell wie möglich die von der NATO geforderten 2 Prozent des BIP für Rüstung und Krieg zu investieren. Die britische Regierungschefin will nach dem Brexit eine »Sicherheitspartnerschaft« mit der EU. Und EU-Kommissionschef Juncker setzt dem ganzen Treiben – blau-äugig wie wir ihn kennen – auch noch die Krone auf, indem er fordert, die EU müsse endlich »weltpolitikfähig« werden.

Statt Abrüstung mehr Aufrüstung, mehr statt weniger Atomwaffen, Kriegshetze statt Dialog, Säbelrasseln statt Verständigung, mehr Spannungen statt Entspannung – wahrlich ein ertragreiches Wochenende für Kriegstreiber und Rüstungsprofiteure.

Uli Brockmeyer

 

Aus: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek