80. Jahrestag des Münchener Abkommens

dkp logo neukscm Aus Anlass des 80. Jahrestags des sogenannten »Münchner Abkommens« fand am 28. August in Holany (Tschechische Republik) eine Demonstration und Konferenz der Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens (KSCM) statt. Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) hielt bei der Veranstaltung folgenden Redebeitrag:

Das „Abkommen zwischen Deutschland, dem Vereinigten Königreich, Frankreich und Italien, getroffen in München, am 29. September 1938“, auch Münchener Abkommen genannt, besiegelte die Zerschlagung der damaligen Tschechoslowakei. Das faschistische Deutschland hat sich ein Drittel des Territoriums der souveränen Tschechoslowakei rechtswidrig einverleibt. Das war konkret: 80 Prozent der Energievorräte, 50% ihrer Leicht-und 25% ihrer Schwerindustrie sowie die wesentlichen Anlagen der Landesverteidigung wurden geraubt.

Dem betroffenen Staat selbst, der Tschechoslowakei, haben die imperialistischen Mächte die Teilnahme an der Konferenz verwehrt! Damit wird das imperialistische Wesen der kapitalistischen Gesellschaftsordnung der beteiligten Staaten ebenso sichtbar wie es in neuester Zeit die Zerschlagung und der Krieg gegen den jugoslawischen Staat war. Der Imperialismus mag sein taktisches Vorgehen ändern und anpassen, sein Wesen und sein Charakter sowie das Wesen seiner Politik bleiben.
Deshalb dürfen wir auch nicht vergessen: Der Münchener Politik der imperialistischen Mächte folgte der zweite Weltkrieg! Seine Vorbereitung begann aber schon viel früher. Man versuchte, sie zunächst „unmerklich“, „gleitend“ zu gestalten. Bis zum Beginn des Krieges sollte versucht werden, das Deutsche Reich durch Eroberungen ohne Krieg zu vergrößern, um so die strategische Ausgangslage für die militärischen Auseinandersetzungen zu verbessern. Gleichzeitig wollte man auch seine „Verbündeten“ von München gegeneinander ausspielen. Zur Irreführung der Bevölkerung und zur allgemeinen Beruhigung wurden solche aggressiven Schritte als „Friedenstaten“ gepriesen. Zugleich hat man mit der weiteren geistigen Abrichtung der Masse der Menschen auf den Krieg unausweichlich die Eskalation rassistischer und nationalistischer Propaganda betrieben. So wurden Voraussetzungen für den Kurs der Kopplung von Massendemagogie mit Massenterror geschaffen, eine Methode, die nicht neu war und bis heute nicht aufgegeben wurde.

Als das Münchener Abkommen unterzeichnet wurde, war schon klar, „dass der Krieg im Osten mit einer überraschenden deutschen Operation gegen die Tschechoslowakei beginnen“ kann. (Geheime Kommandosache, Weisung für die einheitliche Kriegsvorbereitung der Wehrmacht – gültig vom 1.7.1937 bis voraussichtlich 30.9.1938. Zitiert nach: Der Nürnberger Prozess, Bd. II, Berlin 1960, S. 131) Der Sinn des Abkommens wurde damit begründet, dass „die politischen und völkerrechtlichen Voraussetzungen für ein derartiges Handeln… v o r h e r geschaffen sein (müssen)“. (Ebenda)

Die Münchener Konferenz war also Bestandteil eines langfristigen Planes: „Das E n d z i e l besteht in einem planmäßig im Frieden vorbereiteten s t r a t e g i s c h e n Ü b e r f a l l auf die Tschechoslowakei, der ihre Befestigungen überraschend zu Fall bringt, ihre Wehrmacht noch in der Mobilmachung fasst und zerschlägt, und in Ausnutzung der völkischen Zersplitterung die Tschechoslowakei in kurzer Zeit zum Erliegen bringt.“ (Ebenda, S. 132) Zweck und Ziel bestand also darin, durch den Überfall der deutschen Wehrmacht, „durch Zerschlagen der feindlichen Wehrmacht und Besetzen von Böhmen und Mähren die Rückendeckung durch die Tschechoslowakei für den Kampf im Westen auf die Dauer des Krieges von vornherein auszuschalten und der russischen Luftwaffe den wesentlichsten Teil ihrer Operationsbasis in der Tschechoslowakei zu entziehen“. (Ebenda)

Deutlich wird: der Überfall auf die Tschechoslowakei im März 1939 war zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Münchener Abkommens längst beschlossene Sache. Die Konferenz war vollständig der Expansion des deutschen Kaptals und den Kriegsoperationen des deutschen Imperialismus untergeordnet.

Das Komplott des deutschen Kapitals mit den Faschisten wird sichtbar aus dem Glückwunsch-Telegramm der damaligen IG Farben vom 11. Oktober 1938, in dem es hieß: „Tief beeindruckt von der Heimkehr Sudetendeutschlands ins Reich, die Ihr Werk ist, mein Führer, stellt die IG-Farbenindustrie Ihnen für den Sudetengau den Betrag von einer halben Million Reichsmark zur freien Verfügung. Hermann Schmitz“ (Zitiert nach: Erich Paterna, Das historische Recht zur Führung der Nation, Dokumente, Berlin 1962, S. 132)

Zwei Elemente traten ebenfalls deutlich hervor: 1. Das Bestreben der Westmächte, die deutsche Aggression nach Osten zu lenken, und 2. ihr Entschluss, Deutschland für die Verpflichtung, nicht mit England oder Frankreich, sondern gegen die UdSSR Krieg zu führen, mit der Tschechoslowakei zu entschädigen und so zugleich das deutsche militärische Potenzial zu stärken.

Die KPD hat im Oktober 1938 erklärt: „Hitlers Hintermänner sind die alten Kriegstreiber von 1914, die Millionäre und Rüstungsgewinnler. Hitler setzt mit faschistischen Gewaltmethoden die verhängnisvolle alldeutsche Eroberungspolitik fort, die im Jahre 1918 zur Niederlage und zu Versailles führte. Hitler will Herr im Hause der anderen Völker sein! Darum seine kriegerische Einmischung zugunsten Francos in Spanien, darum seine Zerstückelung und Unterjochung der Tschechoslowakei!“ (Erich Paterna, …)

Im Rahmen des Strebens nach Ausbau einer dominierenden Position des deutschen Kapitals in Osteuropa, darunter auch in der Tschechoslowakei, und der ihm dienenden Politik arbeitet die deutsche Außenpolitik seit 1989/1990 in zunehmendem Maße daran, europaweit eine „Volksgruppen“-Politik zu verwirklichen. Dazu gehört auch ihr förderndes Verhältnis zur Sudetendeutsche Landsmannschaft. Im Sinne ihrer Ziele wird das historische Geschehen von vor 80 Jahren bewusst verzerrt und die Urheberschaft des Geschehens sowie die Verantwortung dafür verfälscht. Die Sudetendeutsche Landsmannschaft hat im Zuge dieser Entwicklung zwar vordergründige Veränderungen an ihrer Satzung vorgenommen, sie hat sich jedoch nicht von der Ideologie und Politik des faschistischen Deutschlands distanziert. Der Geist der „Ostforschung“ ist allgegenwärtig und politisch reaktivierbar!

Angesichts der gegenwärtig sich entwickelnden Situation in Europa, und besonders in Osteuropa und an den Grenzen rund um Russland, sollten wir diese Erfahrungen nicht unberücksichtigt lassen und sie immer wieder mobilisierend in unsere und in die Erinnerung aller Menschen rufen!

Von Anton Latzo, gehalten von Gustl Ballin

Quelle:

news.dkp.de