Maria Sacharowa zum Thema Asowsches Meer (22. November 2018, Moskau)

Zur Erklärung der Hohen Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, zum Thema Asowsches Meer

Wir wurden auf die Erklärung der Hohen Vertreterin der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, nach der Sitzung des EU-Rats für auswärtige Angelegenheiten (Brüssel, 19. November) und ihre Antwort auf Medienfrage zur Situation im Asowschen Meer aufmerksam.

Uns ist vor allem die Logik der selektiven Erhebung der Ansprüche der EU-Partner gegen legitime Handlungen der Russischen Föderation im Asowschen Meer, wobei die provokativen Schritte Kiews in der Region ohne Aufmerksamkeit seitens Brüssel gelassen werden, absolut unklar. So haben wir bis heute nicht erfahren, ob die EU eine Position bezüglich des gewaltsamen Ergreifens des russischen Fischkutters Nord am 25. März durch die Ukraine im Asowschen Meer hat, und worin diese Position besteht. Die Besatzungsmitglieder wurden innerhalb rund eines halben Jahres von ukrainischen Behörden unter erfundenem Vorwand festgehalten, dem Schiffskapitän, der sich in der Ukraine befindet, droht eine Haftstrafe. In dieser Situation stellt sich eine gesetzmäßige Frage, inwieweit die Sorgen der EU über die Menschenrechte höher als konjunkturelle Interessen sind und einen realen und nicht deklarativen Charakter haben.

Auf Bitte der EU haben wir mehrmals auf verschiedenen Ebenen die Situation im Asowschen Meer besprochen. Wir möchten hervorheben, dass es sich gerade um einen professionellen Austausch von Einschätzungen handelt, die mit faktischen Argumenten und statistischen Angaben versehen sind, und nicht um einseitige Übermittlung von gewissen „klaren Signalen“ an uns durch die EU, wie das leider den Medien und der breiten Öffentlichkeit Federica Mogherini mitteilen wollte.

Das Wesen unserer Position besteht darin, dass die Russische Föderation sich an die Punkte des Vertrags zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine über die Zusammenarbeit bei der Nutzung des Asowschen Meeres und der Straße von Kertsch vom 24. Dezember 2003 und den darin festgelegten völkerrechtlichen Status des Asowschen Meeres als Binnengewässers Russlands und der Ukraine hält.

Laut diesem Vertrag sind die russischen Grenzsoldaten berechtigt, die Schiffe im Asowschen Meer und in der Straße von Kertsch nach mehreren Gründen gemäß dem Gesetz zu überprüfen. Solche Überprüfungen erfolgen durch die russische Seite auf der nichtdiskriminierenden Grundlage – neben Schiffen unter ukrainischer Flagge und Flagge anderer Länder werden auch Schiffe unter Flagge Russlands überprüft. Nach vorhandener Statistik ist die Zahl der überprüften Schiffe unter Flagge der Russischen Föderation in neun Monaten dieses Jahres höher als die Zahl der überprüften ukrainischen Schiffe. Ich hoffe, dass die EU über diese Statistik verfügt.

Wichtig ist zu betonen, dass die Pausen vor dem Passieren der Straße von Kertsch in Richtung ukrainische Häfen bzw. aus diesen Häfen nicht mit der Grenzkontrolle verbunden sind. Es handelt sich um besondere Regeln beim Verkehr im Kanal Kertsch und Jenikale. Diese Regeln sind auf spezifische Abmessungen des Kanals, schweren Wetter- und Navigationsverhältnisse zurückzuführen. Die letzteren sehen unter anderem unbedingte Lotsen-Überprüfung vor, wozu die Schiffe vorläufig in Karawanen eingereiht werden, was bestimmte Zeit in Anspruch nimmt. Wir hoffen, dass die EU auch darüber Bescheid weiß. Zudem werden die meisten Schiffe nicht im Meeresgewässer, sondern während der Pausen in der Schlange zur Durchfahrt durch die Straße von Kertsch inspiziert. Dabei soll besonders hervorgehoben werden, dass solche Regeln beim Passieren des Kanals Kertsch und Jenikale nicht eine Neuheit sind. Es gab sie auch vor dem Bau der Krim-Brücke, darunter als der Kanal von der Ukraine geleitet wurde. Die EU weiß wohl das, hat aber vergessen.

Uns alarmiert auch die Tatsache, dass die ukrainischen Behörden unter dem Deckmantel des informationellen Aufsehens um die „Militarisierung“ des Asowschen Meeres gezielt die Spannung in der Region entfachen. Kiew spricht von der Schaffung eines Marinestützpunktes in Berdjansk, kündigt die Absicht der einseitigen Errichtung einer Trennungslinie im Asowschen Meer als Verletzung des Völkerrechts an. Es sind Gedanken über die Einbeziehung des Nato-Potentials in die Region zu hören. Unsere EU-Partner, die diese Situation kommentieren, sollen verstehen, dass solches Verhalten Kiews die Situation in der Region und als Folge auch unsere Vorbeugungsmaßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit der russischen Staatsbürger und Objekte der strategischen Infrastruktur, darunter der Krim-Brücke, beeinflusst. Zudem gab es gegen die Brücke Drohungen seitens nicht nur ukrainischer radikaler Kräfte und marginaler Elemente, sondern auch Politiker dieses Staates.

Oben genannte Argumente wurden mehrmals der EU mitgeteilt, letztes Mal während der Arbeitskonsultationen des Staatssekretärs, stellvertretenden Außenministers der Russischen Föderation, Grigori Karassin und Generalsekretärin des Europäischen außenpolitischen Dienstes, Helga Schmid, am 15. November in Brüssel.

Bei uns bildete sich der Eindruck, dass es nach diesen Kontakten geschafft wurde, die Entspannung der Besorgnisse der EU zu erreichen. Es wurde eine Vereinbarung erreicht, regelmäßig statistische Angaben Russlands und der EU über die Situation mit dem Schiffsverkehr im Gewässer des Asowschen Meeres abzustimmen.

Angesichts der oben genannten Aspekte sehen wir keine Gründe für Brüssel, den Anhängern der Konfrontation in Kiew zu folgen und die Lage in der Region künstlich zu dramatisieren. Was die von Mogherini erläuterten Pläne zur Entwicklung gewisser „konkreter Maßnahmen“ zur Unterstützung der „betroffenen“ Regionen der Ukraine zu entwickeln betrifft, wissen wir nichts über die Absichten der EU zu dieser Frage. Wir gehen davon aus, dass die Handlungen der EU verantwortungsvoll und transparent sein und den Völkerrechtsnormen und Prinzipien der europäischen Sicherheit entsprechen und den Status des Asowschen Meeres und die in der Region entstandenen Realien berücksichtigen werden.

Quelle:

Außenministerium der Russischen Föderation