Fall Lübcke: Hauptverdächtigter Neonazi nicht nur Einzeltäter!

Am 2. Juni wurde der 65 Jährige CDU Politiker Walter Lücke auf der Terrasse seines Wohnhauses im westlich von Kassel gelegenen Wolfhagen-Istha (Kreis Kassel) tot aufgefunden. Es handelte sich hierbei um einen Kopfschuss aus nächster Nähe, ein Selbstmord wurde unmittelbar ausgeschlossen.

Die Föderation demokratischer Arbeitervereine (DIDF) spricht der Familie unser aufrichtiges Beileid aus. Auch wenn wir politisch nicht auf einer Linie stehen, haben wir Lübckes humanistische Haltung bezüglich der Flüchtlinge anerkennend zur Kenntnis genommen. Walter Lübcke hatte 2015 die Aufnahme und Unterbringung von Geflüchteten befürwortet, diese Entscheidung mit christlich-humanistischen Werten begründet und seine Kritiker in die Schranken gewiesen: „Wer diese Werte nicht vertritt, kann dieses Land jederzeit verlassen, wenn er nicht einverstanden ist. Das ist die Freiheit eines jeden Deutschen“.

Nun wurde ein bereits bekannter Nazi, Stephan E., als Hauptverdächtiger festgenommen. Der Name ist im hessischen Untersuchungsausschuss zur Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) bekannt. Nach Aussage der Bundesanwaltschaft sei es ein „rechtsextremistisches“ Motiv, jedoch gebe es keine Hinweise auf ein Netzwerk, er sei Einzeltäter. Was sich ziemlich merkwürdig anhört, wenn man sich allein die Aktivitäten von E. anschaut, der in der hessischen NPD aktiv war. Er fiel in der Vergangenheit mehrfach auf wegen Gewaltdelikten, z.B. auf eine 1. Mai Kundgebung in Dortmund, Verstößen gegen das Waffengesetz, Eigentumsdelikten sowie gemeingefährlichen Straftaten. Zudem hatte Ernst Kontakt zu Neonazis aus der militanten Gruppierung „Combat 18“ die ebenfalls mit Waffen handelten und gar Anleitungen zum Bombenbau verfassten. Zudem ist er vernetzt mit dem Netzwerk „Blood & Honour“, das dem NSU half.

Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) hat schon während der Mordserie des NSU eine wichtige Rolle gespielt und einen Teil seiner Akten für 120 Jahre sperren lassen. Nun wieder ein Skandal: Angeblich gebe es im LfV keine Personalakte mehr über Stephan E., da Akten fünf Jahre nach der letzten aktenkundigen Tätigkeit des Betroffenen aus Datenschutzgründen gelöscht werden müssten. Da stehen, wie beim NSU-Prozess, wieder die Verfassungsschützer am Schredder und vernichten Beweismaterial! Wenn eins klar ist, dann, dass E. definitiv kein Einzelspieler war!

Daher erwarten wir von der Bundesregierung, dass die Neonazi-Netzwerke durchleuchtet und aufgelöst werden und die NSU-Fälle wieder aufgerollt und im Hinblick auf diese neuen Entwicklungen neu betrachtet werden. Der Verfassungsschutz schützt Nazinetzwerke und ist mit ihnen stark verbunden. Daher müssen der Sinn und die Notwendigkeit dieser Behörde hinterfragt und ernsthafte Maßnahmen –bis hin zur Auflösung- in Betracht gezogen werden.

DIDF Bundesvorstand

Köln, 21.06.2019

Quelle:

DIDF